Der Ver­band im ver­gan­ge­nen Jahr

Der Start ins Jahr 2020 hat uns unverhofft gelehrt, wie radikal sich unser gewohnter Alltag verändern kann. Die Coronakrise hat viel menschliches Leid verursacht und wird uns weiter Schmerzen bereiten. Darüber hinaus hat sie unsere solide Wirtschaft in Schräglage gebracht und eingespielte, demokratische Mechanismen in kaum erwarteter Geschwindigkeit über den Haufen geworfen. Wir alle mussten uns in dieser Notlage Hals über Kopf neu ausrichten und überall – ob im Privatleben, in der Wirtschaft oder in der Politik – neu orientieren und intuitiv Auswege aus der Krise finden.

Die Konfrontation mit der aktuellen Unsicherheit ist aber auch eine Chance. Zwangsläufig wird Geltendes hinterfragt. Selbstverständliches gewinnt mit einem Mal neue Wertschätzung und unversehens entsteht Neues. Aus den Erfahrungen dieser Krise gilt es zu lernen. Wie können wir uns als Gesellschaft und unsere Wirtschaft besser vor einer nächsten Pandemie schützen? Welchen Beitrag kann die Versicherungsindustrie hierzu leisten? Wie bisher nehmen wir Privatversicherer auch bei dieser neuen Herausforderung volkswirtschaftliche Verantwortung wahr. Mit unserem Wissen und unserer Erfahrung wollen wir dazu beitragen, langfristig auch für dieses Risiko, das bisher als nahezu unversicherbar galt, die Resilienz unserer Gesellschaft zu erhöhen. Entsprechend haben unsere Schadenexperten schon wenige Tage nach dem Pandemie-Ausbruch in unserem Land damit begonnen, neue Ansätze zu entwickeln. Wir sind überzeugt, wesentlich zur Meisterung dieser Herausforderung beitragen zu können. Gleichzeitig ist für uns jedoch schon jetzt absehbar, dass eine Versicherungslösung gemeinsam mit dem Staat angegangen werden muss. Allein können die Privatversicherer eine Poollösung nicht stemmen; es wird eine staatliche Garantie brauchen.

Die aktuelle Lage zeigt auch auf, dass der für uns alle zur Norm gewordene wirtschaftliche Wohlstand keinesfalls für immer gesichert ist. Hierzu müssen wir uns alle täglich von Neuem einsetzen – und zwar schon in «normalen» Zeiten. Dies gilt auch für uns Privatversicherer. Das vorliegende Jahresmagazin behandelt die Themen, die uns im vergangenen Jahr beschäftigt haben. Die Lektüre zeigt auf, dass uns viele Fragestellungen auch in Zukunft fordern werden; von der Nachhaltigkeit über die sich ständig verändernde Arbeitswelt bis hin zur Reform der Altersvorsorge. Gerade letzteres Thema erfährt durch die Coronakrise erst recht Dringlichkeit. Unser Dreisäulensystem bietet für Jung und Alt mehr Gewähr als die Konzentration auf eine einzige Säule. Damit dies so bleibt, muss die Politik jetzt handeln und im Parlament mehrheitsfähige Reformen für AHV und BVG verabschieden.

Die Coronakrise prägt das Jahr 2020. Trotzdem bleiben Nachhaltigkeit und Altersvorsorge zentrale Herausforderungen, die weiter vorangetrieben werden müssen. Daneben ist mit der Teilrevision des über 100-jährigen Versicherungsvertragsgesetzes der Grundstein für die Zukunft der Beziehung zwischen den Versicherungsgesellschaften und ihren Kundinnen und Kunden gelegt worden.

Weiterlesen

Zusammen mit ausgewählten Stakeholdern und den Milizausschüssen hat der Verband die Strategie für die Jahre bis 2024 definiert. Hierzu hat er die Stossrichtungen und Schwerpunkte bestimmt.

«Aufgrund unseres Geschäftsmodells haben wir per se ein Interesse an Nachhaltigkeit», führte Michael Müller, Vizepräsident des SVV, CEO der Basler Schweiz und Mitglied der Konzernleitung der Baloise Group, eine der Stossrichtungen der neuen Strategie aus. Rund 100 Vertreterinnen und Vertreter der Privatversicherer kamen an den Strategieanlass. Dieser setzte den Schlusspunkt unter den Strategieprozess, der rund zwei Jahre zuvor begonnen hatte.

Begonnen hatte der Strategieprozess mit einer Umfeldanalyse und einer Befragung ausgewählter Stakeholder. Gestützt darauf erarbeitete das Projektteam erste Thesen. «In Einzelgesprächen mit unseren Vorstandsmitgliedern haben wir diese weiterentwickelt», erzählt der Projektleiter und stellvertretende Direktor des SVV, Urs Arbter. «Anschliessend beurteilten unsere Milizausschüsse die Vorschläge, bevor erneut der Vorstand die gesammelten Ergebnisse diskutierte.» Die Strategie «SVV 2020–2024» definiert die Stossrichtungen für die kommenden Jahre. Gute Wettbewerbsbedingungen sind ein Schlüsselfaktor für den Erfolg des Wirtschaftsstandortes Schweiz. Deswegen strebt der SVV als erste Stossrichtung optimale Rahmenbedingungen für die Versicherungsbranche an. «Das Bedürfnis nach guten Rahmenbedingungen ist für Rückversicherer wie für Erstversicherer gleich», sagt Nina Arquint, Präsidentin des Ausschusses Rückversicherung SVV und Head Group Qualitative Risk Management von Swiss Re.

Eine zweite Stossrichtung widmet sich den regulatorischen Rahmenbedingungen. Die Versicherungsbranche gehört mit zu den am stärksten regulierten Branchen. Eine angemessene Regulierung und Aufsicht sind zentral. Mehr Gewicht erhält in der neuen Strategie als dritter Punkt die Rolle als Arbeitgeber. Für die Wettbewerbsfähigkeit der Branche sind die Bildungspolitik und die liberale Arbeitsmarktpolitik wesentlich. Philomena Colatrella, Vorstandsmitglied des SVV und Vorsitzende der Geschäftsleitung der CSS, sagt: «Die Versicherer haben 50’000 Mitarbeitende. Es ist richtig, dass Arbeitgeberfragen somit Teil der Strategie sind.»

Angesichts der tragenden Rolle der Versicherer in der Vorsorge sieht die Strategie auch eine Stossrichtung zu deren Weiterentwicklung vor. Basierend auf ihrer Kompetenz und Erfahrung sowie ihrer volkswirtschaftlichen Verantwortung will die Assekuranz ihren Beitrag zur Stabilisierung und nachhaltigen Ausgestaltung des bewährten Dreisäulensystems leisten. Und schliesslich wurde die Nachhaltigkeit als Stossrichtung definiert. Das auf Langfristigkeit ausgelegte Versicherungsgeschäft hat von sich aus ein Interesse an Nachhaltigkeit. Die Versicherungswirtschaft soll Beiträge zur Bewältigung der zentralen ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Herausforderungen leisten und ebenso die Veränderungen in der Risikolandschaft als Chance nutzen. Dazu gehört, die Basis für Innovation zu schaffen.

Im Rahmen der Strategiearbeiten hat das Projektteam Profil und Werte des Verbandes geschärft. So will sich der Versicherungsverband vermehrt mit seinem Know-how und seiner Branchenexpertise in gesellschaftspolitische Diskussionen auf der Grundlage ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung einbringen.

Letzthin habe ich an einem Strategieanlass teilgenommen. Da fragte der referierende CEO einer grösseren Versicherungsgesellschaft die etwa 100 Kader im Publikum, die nicht in der Branche tätig sind, wer «Versicherung» spannend finde und sich am liebsten täglich damit beschäftigen wolle. Wahrlich eine gewagte Frage – und mit voraussehbarem Resultat: betretenes Schweigen, ruhiges Verharren auf den Stühlen. Nur meine Hand schoss in die Höhe, was irritierende Blicke auf mich zog, als hätte ich einen Beate-Uhse-Katalog in die Höhe gestreckt.

Warum nur tun sich viele Menschen schwer mit der Vorstellung, dass «Versicherung» spannend sein könnte? Rein von der volkswirtschaftlichen sowie der persönlichen Absicherung her gesehen ist die Bedeutung der Branche extrem hoch. Nun ist auch mir klar, dass der Kundenkontakt in aller Regel im Schadenfall wahrgenommen wird, also eher negativ konnotiert ist. Auch ich persönlich empfand die Versicherungswirtschaft als langweilig, als ich die Leitung des Fachmagazins «Schweizer Versicherung» übernehmen durfte. Entsprechend war das für mich als Übergangslösung für ein, zwei Jahre gedacht. Nun, das war vor 18 Jahren!

Als Branchenbeobachter habe ich seither viel dazugelernt. Für mich gibt es kaum eine andere Industrie, die sich mit so spannenden und herausfordernden Themen wie Vorsorge, Einschätzung und Übernahme von Risiken auseinandersetzt, die über lange Jahre (und mit Unsicherheitsfaktoren behaftet) Gültigkeit haben. Zuversichtlich stimmt mich, dass es gelingt, Jahr für Jahr guten Nachwuchs zu gewinnen, was zeigt, dass es mit dem Branchenimage doch nicht so schlecht bestellt sein kann. So gesehen ist der vordergründig verkannte Reiz der Assekuranz eher ein Phantomproblem. Auch heimliche Reize können verzücken. Da braucht es keinen Beate-Uhse-Katalog.

• 73 Mitglieder.
• 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich SVV Solution inkl. Gebäudeschätzerwesen.
• 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle.
• 30/600 in 30 ständigen Gremien und zusätzlichen Arbeitsgruppen engagierten sich rund 600 Vertreterinnen und Vertreter aus den Mitgliedgesellschaften.
• 61,1 Mrd. Franken Prämienvolumen in der Schweiz,
  Leben 30 Mrd.
  Nichtleben 28,6 Mrd.
  Rückversicherung 2,5 Mrd.
• Über 85 Prozent der im Schweizer Markt erwirtschafteten Prämien entfallen auf die Mitglieder.

•  6,8 Mio. Versicherte respektive Policen in der Lebensversicherung.
• 1628 Mrd. Franken versicherte Summen und Renten in der Lebensversicherung.
• 582 Mrd. Franken Kapitalanlagen der Versicherer.
• 30,5 Mrd. Franken Bruttowertschöpfung in der Schweiz.
• Die im SVV vertretenen Lebensversicherer versichern über 180'000 KMU mit gegen 1 Million Mitarbeitenden
  in der Vollversicherung sowie gegen 70'000 KMU mit gegen 900'000 somit umfassende Sicherheit mit Garantien.
• 47'740 Mitarbeitende in der Schweiz,
  rund 100'000 im Ausland,
  fast 150'000 weltweit.
• 2000 Lernende und Praktikanten.
• über 20 Mio. laufende Versicherungsverträge.

_{Quellen: SVV, Finma, publiziert 2019, Hochrechnung SVV für Prämieneinnahmen 2019}

Diese Übersicht zeigt die Mitgliedschaften, Kooperationen und Vertretungen des SVV.