
Daniel Zimmermann, Leiter Human Resources Management und Mitglied der Konzernleitung bei der CSS, sensibilisiert die Mitarbeitenden für das Thema unbewusste Vorurteile. Als HR-Verantwortlicher gibt es ihm zu denken, dass beruflicher Stress von der Schweizer Bevölkerung als grösste Gesundheitsbelastung genannt wird.
Wir haben die letzten Jahre konstant an diesem Thema gearbeitet und uns auf die Gleichbehandlung von Geschlechtern und Generationen fokussiert. Ein wichtiger Erfolgsfaktor dabei sind die Führungskräfte. In Zusammenarbeit mit unseren HR-Beraterinnen und -Beratern haben wir sie für das Thema Lohngleichheit sensibilisiert und gemeinsam mit ihnen an diesem Thema gearbeitet. Möglichkeiten hierzu gibt es beispielsweise bei den jährlich stattfindenden Lohnrunden. Zudem achten wir bereits bei der Rekrutierung genau darauf, dass die vereinbarten Löhne fair sind. Ergänzend dazu analysieren wir regelmässig systematisch unser Lohngefüge und vergleichen es mit den Entwicklungen am Markt.

Kennt als Vater von drei Kindern die Herausforderung der Vereinbarkeit aus eigener Erfahrung: Daniel Zimmermann, Leiter Human Resources Management und Mitglied der Konzernleitung, CSS.
Wir legen beispielsweise bei Lohnrunden Prämissen zur Mittelverteilung fest. Dies bedeutet konkret, dass wir die Vorgesetzten mit klar festgehaltenen Grundsätzen für Lohnerhöhungen unterstützen. Darin sind die Bedingungen zur Verteilung festgelegt. Nach der Lohnrunde werten wir im HR jedes Jahr die Wirkung aus und messen die Verbesserung. Zur Vereinfachung setzen wir dabei einen einheitlichen Massstab für die Berechnung der Löhne ein. Alle Löhne basieren auf einem Arbeitspensum von 100 Prozent.
In letzter Zeit haben wir uns intensiv mit dem Thema «Unbewusste Vorurteile» befasst. Wir bereiten derzeit eine Initiative vor, in welcher wir unsere Mitarbeitenden für diese «Schubladen im Kopf» sensibilisieren und aufzeigen, wie diese unsere Entscheidungen beeinflussen. Dieses Bewusstsein wird meines Erachtens zu einer weiteren Verbesserung der Lohngleichheit beitragen.
Eine ausgewogene Geschlechterverteilung und Diversität erachten wir als besonders relevant. Deshalb ist die CSS auf verschiedenen Ebenen aktiv. In diesem Sinne haben wir die Rahmenbedingungen verbessert, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen: So schreiben wir möglichst viele Stellen als Teilzeitstellen aus – insbesondere auch im Führungskader. Wir finanzieren die familienergänzende Betreuung mit, ermöglichen einen grosszügigen Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub. Ein anderes Beispiel: Berufstätige Eltern können mit Sabbaticals mehr Zeit am Stück mit der Familie verbringen.
«Wir sind in der Schweiz in Bezug auf Vereinbarkeit einige Schritte vorwärtsgekommen und Rahmenbedingungen wurden verbessert, aber es gibt noch viel zu tun.»
Als Vater von drei Kindern weiss ich, wie wertvoll die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist. Es gibt stets viel zu planen und zu organisieren, aber auch immer wieder mit Unvorhergesehenem klarzukommen. Eine gute Vereinbarkeit ist in solchen Momenten eine enorme Entlastung. Aber es sind nicht nur Familien betroffen. Ich kenne zahlreiche pflegende Angehörige, die während arbeitsfreien Stunden wertvolle unbezahlte Arbeit leisten. Wir sind in der Schweiz in Bezug auf Vereinbarkeit einige Schritte vorwärtsgekommen und Rahmenbedingungen wurden verbessert, aber es gibt noch viel zu tun.
Ich sehe drei grosse zukünftige Herausforderungen: den Fachkräftemangel, die jüngere Generation, die eine neue und andere Arbeitswelt fordert, und gesund zu bleiben bei der Arbeit.
In Zeiten des Fachkräftemangels werden attraktive Arbeitsbedingungen auf dem Arbeitsmarkt immer wichtiger, nebst Lohngleichheit, guter Aus- und Weiterbildung sowie innovativen Arbeitsmethoden. Das Bedürfnis der Mitarbeitenden – ganz besonders auch der jüngeren Generationen und der Frauen – nach Wert- und Sinnorientierung steigt zunehmend. Für uns als Unternehmen ist es deshalb zentral, diese Sinnhaftigkeit vermitteln zu können. Unsere hybriden Arbeitsformen bringen den Mitarbeitenden viel Flexibilität, vergrössern aber auch die räumliche Distanz: Umso wichtiger wird die persönliche Verbundenheit zwischen den Mitarbeitenden. Das HR hat die Aufgabe, die Arbeitswelt zu gestalten und eine optimale Balance zu finden zwischen individuellem Freiraum, einer starken Gemeinschaft und einem hohen Nutzen für die Kunden und das Unternehmen.
Die Versicherungswirtschaft setzt sich für Themen wie «Lohngleichheit» und «Vereinbarkeit von Familie und Beruf» ein und bietet attraktive Arbeitsmodelle an. Eine aktuelle Erhebung der Universität St. Gallen zeigt, dass die durchschnittliche unerklärte Lohndifferenz in der Versicherungswirtschaft bei 2,95 Prozent und damit deutlich unter der vom Bund gewährten Toleranzschwelle von 5 Prozent liegt. Dem Grundsatz «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit» wird somit Rechnung getragen.
In unserer letztjährig durchgeführten Gesundheitsstudie hat die Schweizer Bevölkerung den beruflichen Stress als grösste Gesundheitsbelastung genannt. Dieses Ergebnis gibt mir als HR-Verantwortlichem zu denken. Ich beobachte, dass die Komplexität in der Arbeitswelt steigt und somit der Druck auf die Mitarbeitenden zugenommen hat. Bei der CSS haben wir uns zum Ziel gesetzt, förderliche Rahmenbedingungen für die psychische und physische Gesundheit unserer Mitarbeitenden zu schaffen. Eine bereits umgesetzte Initiative sind beispielsweise die strukturierten Teammeetings, die wir mit Moodtalk* umsetzen. Der auf das Team zugeschnittene, strukturierte Austausch zeigt ein ungefiltertes Stimmungsbild auf. Bei den Lernenden haben wir beispielsweise herausgefunden, dass ihnen Feedbackgeben und der Umgang mit Kritik schwerfällt. In einem anderen Team erkannten wir eine äusserst hohe Arbeitsbelastung, die wir als ungesund einstuften.
* Moodtalk ist die Software eines Urner Start-ups
Der Fachkräftemangel ist ein Megatrend unserer Zeit. Auch die Versicherungswirtschaft, wiewohl eine attraktive Arbeitgeberin, ist davon betroffen.

Jolanda Grob, Chief Human Resources Officer Zurich Switzerland, erläutert, welche Vergütungsanalysen zur Gleichstellung beitragen und welche Vorteile flexible Arbeitsmodelle bieten.
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Barbara Zimmermann-Gerster
In der Absicht löblich – im Ergebnis bedenklich: Warum Lohngleichheitsanalysen zu Fehlschlüssen führen
