Gu­te Re­gu­lie­rung stärkt das Ver­trau­en

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Eine gute Regulierung stärkt das Vertrauen zwischen Versicherer und Versicherten. Dabei bemisst sie sich nicht am Detaillierungsgrad. Versucht sie, alles bis ins Detail zu regeln, fördert sie eine «check­the­box»­Mentalität und eine Verantwortungsdiffusion.

Dies würde dazu führen, dass sich die Versicherungsunternehmen bezüglich Organisation und Strukturen annähern. Eine Monokultur wäre die Folge, die nicht nur für die Kunden nachteilig ist. Sie ist auch gefährlich. Denn Überraschungen gibt es immer. Wenn alle gleich aufgestellt sind, ist die Gefahr eines systemischen Kollapses wesentlich grösser, als wenn Diversität herrscht. Sie ist die beste Form von Risikomanagement. Eine gute Versicherungsregulierung sollte sich auf die Formulierung allgemeiner Prinzipien beschränken – und die Umsetzung den Unternehmen überlassen. Diese muss sie aber strikt und unabhängig prüfen, Nachbesserungen verlangen und Sanktionen aussprechen. 

 

Eine gute Versicherungsregulierung sollte sich auf die Formulierung allgemeiner Prinzipien beschränken – und die Umsetzung den Unternehmen überlassen.

 

Branchenmässig werden Versicherer wie Banken unter der Bezeichnung Finanzdienstleistungen zusammengefasst. Dies macht insofern Sinn, als beide mit Kapital arbeiten. Doch das geschieht auf unterschiedliche Weise, was das jeweilige Kerngeschäft anbelangt. Darum sind Banken und Versicherer auch unterschiedlichen Risiken ausgesetzt und entsprechend anders reguliert. Ein wesentlicher Unterschied ist: Es gibt in der Assekuranz kein Risiko eines «Bank Runs». Er ist systemisch nicht möglich. 

Die Kredite einer Bank sind an feste Laufzeiten gebunden. Dagegen können Sparer ihre Einlagen jederzeit zurückfordern. Ziehen sie ihre Guthaben gleichzeitig ab, besteht das Risiko eines «Bank Runs». Der Bank geht das Geld aus. Vereinfacht gesagt: Banken haben liquide Verbindlichkeiten und illiquide Vermögen. Versicherer dagegen haben liquide Anlagen und illiquide Verbindlichkeiten. Denn die Auszahlungen einer Versicherung sind immer an einen spezifischen Schadensfall oder an einen vordefinierten Leistungsfall gebunden. Der Versicherte kann diese Auszahlung nicht selbst beeinflussen oder herbeiführen. Bei den Lebensversicherern besteht dieses Risiko zwar theoretisch: Versicherte kündigen gleichzeitig ihre Lebensversicherungen und fordern ihr Geld zurück. Doch für diesen Fall haben sich Lebensversicherer mit happigen Abschlägen auf Rückkaufwerten und Rückzugsfristen gewappnet.

 

Es gibt in der Assekuranz kein Risiko eines «Bank Runs». Er ist systemisch nicht möglich.

 

Das heisst nicht, dass ein Versicherungsunternehmen nicht untergehen kann. Aber während unter Banken bei einem «Bank Run» zusätzlich ein «Ansteckungseffekt» droht, kommt das bei Versicherern nicht vor. Der Untergang eines Versicherers schlägt nicht auf andere durch. Gerät ein Versicherer in Schieflage, dann stehen im Kontrast zur Krise einer Bank auch viel längere Zeiträume für eine Sanierung und für die Erarbeitung von Lösungen zur Verfügung. Die Versicherten können ohne finanzielle Verluste zu einem Konkurrenten wechseln. Aus regulatorischer Sicht besteht daher diesbezüglich kein Handlungsbedarf für die Schweizer Assekuranz. 

Eine gute Regulierung trägt dazu bei, dass die Versicherer ihren Beitrag zur Stabilität leisten. Sie stärken die Widerstandsfähigkeit gegenüber Schocks und Katastrophen. Sie ermöglichen Kontinuität, und diese gibt Sicherheit, finanzielle wie psychologische. Die Forschung zeigt, dass das Vorhandensein von Versicherern die Investitionsbereitschaft fördert und damit wirtschaftliches Wachstum stimuliert. Wer investiert, nimmt ein Risiko auf sich. Davon profitieren alle.