Executive Summary
Der Finanzsektor gehört zu den bedeutendsten Branchenaggregaten der Schweizer Wirtschaft. Die mehr als 222'000 Beschäftigten des Finanzsektors erwirtschafteten 2019 mit 70,5 Milliarden Franken direkt jeden zehnten Schweizer Wertschöpfungsfranken. Zusätzlich resultierten durch die wirtschaftliche Verflechtung mit anderen Branchen weitere 17,6 Milliarden Franken Wertschöpfung. Aus der Geschäftstätigkeit des Finanzsektors ergaben sich für den Bund, die Kantone und die Gemeinden 2019 geschätzte Steuereinnahmen von insgesamt 19,3 Milliarden Franken. Dies entspricht 12,7 Prozent des Steueraufkommens der öffentlichen Hand. Darin eingeschlossen sind die Steuereinnahmen, die damit verbunden sind, dass der Finanzsektor auch wirtschaftliche Tätigkeiten in anderen Branchen auslöst.
Durch die Vergabe von COVID-19-Überbrückungskrediten nahmen die Banken eine wichtige Rolle bei den wirtschaftlichen Unterstützungsmassnahmen des Bundes ein. Die Corona-Krise wird voraussichtlich auch im Finanzsektor zu einem Wertschöpfungsrückgang im Jahr 2020 führen. Dazu trägt die Investitionszurückhaltung der Unternehmen ebenso bei wie die erhöhten Schadenzahlungen, die auf die Versicherungen zukommen. Der Rückgang dürfte aber geringer ausfallen als im gesamtwirtschaftlichen Schnitt, da der Finanzsektor seine Geschäftstätigkeit aufrechterhalten konnte. Das schwierige Marktumfeld für den Finanzsektor wird weiter anhalten, so dass für das Jahr 2021 nur von einer verhaltenen Erholung auszugehen ist.
Banken versorgen Unternehmen in der Corona-Krise mit Liquidität
Die Versorgung der Bevölkerung und der Unternehmen mit Geld ist eine Kernfunktion des Bankwesens und für eine funktionierende Volkswirtschaft unabdingbar. Dies gilt auch in der Corona-Krise. Um Liquiditätsengpässen entgegenzuwirken, konnten Unternehmen vom 26. März bis 31. Juli 2020 einen COVID-19-Überbrückungskredit beantragen. Die Geschäftsbanken vergaben diese Gelder, der Bund bürgt je nach Kreditvolumen vollständig oder teilweise für mögliche Kreditausfälle. Im Rahmen dieses Kreditprogramms wurden 16,4 Milliarden Franken gewährt (Stand: August 2020). Die Grossbanken vergaben 40 Prozent dieser Gelder, die Kantonalbanken 31 Prozent.
Jeder zehnte Schweizer Wertschöpfungsfranken entsteht direkt im Finanzsektor
Der Finanzsektor gehört trotz herausfordernder Jahre zu den wichtigsten Stützen der Schweizer Wirtschaft. Mit einer Wertschöpfung von 70,5 Milliarden Franken. generierte er im Jahr 2019 direkt 10 Prozent der gesamten Schweizer Wirtschaftsleistung. Die über 222'000 Vollzeitstellen bedeuteten, dass jeder zwanzigste Arbeitsplatz der Schweiz im Finanzsektor bestand. Darüber hinaus lösen die Banken und Versicherungen auch wirtschaftliche Aktivitäten in anderen Bereichen aus. So führt die Nachfrage nach Vorleistungen aus anderen Branchen zu Aufträgen für Unternehmen entlang der gesamten vorgelagerten Wertschöpfungskette. Zudem profitieren insbesondere der Handel und das Gewerbe von den Konsumausgaben der Beschäftigten. Für das Jahr 2019 werden diese indirekten Wertschöpfungseffekte auf rund 17,6 Milliarden Franken geschätzt. Damit verbunden sind etwa 123'000 Vollzeitstellen. Unter Einbezug dieser wirtschaftlichen Verflechtungen ist jeder achte Wertschöpfungsfranken und jeder zwölfte Arbeitsplatz der Schweiz mit der Geschäftstätigkeit des Finanzsektors verbunden.
Bruttowertschöpfung
Anteil an Gesamtwirtschaft (direkt und indirekt) |
|
---|---|
Banken* | 7,0 Prozent |
Versicherungen* | 5,4 Prozent |
Finanzsektor | 12,4 Prozent |
Arbeitsplätze
Anteil an Gesamtwirtschaft (direkt und indirekt) |
|
---|---|
Banken* | 5,4 Prozent |
Versicherungen* | 2,8 Prozent |
Finanzsektor | 8,2 Prozent |
Nominale Bruttowertschöpfung in Mrd. CHF, Arbeitsplätze: Beschäftigte in Vollzeitäquivalenten (FTE)
*Banken und Versicherungen jeweils inklusive banken- bzw. versicherungsnahe sonstige Finanzdienstleistungen.
Anteil an Gesamtwirtschaft bezieht sich auf Summe der direkten und indirekten Effekte.
Rundungsdifferenzen sind möglich.
2019
Quelle: BAK Economics
Hohes Steueraufkommen im Finanzsektor
Mit seiner Wirtschaftstätigkeit trägt der Finanzsektor wesentlich zum Steueraufkommen in der Schweiz bei. Die von Bund, Kantonen und Gemeinden erhobenen Steuern, die direkt oder indirekt mit dem Finanzsektor verbunden waren, beliefen sich 2019 auf geschätzt insgesamt 19,3 Milliarden Franken. Dies entsprach 12,7 Prozent der gesamten Fiskalerträge der öffentlichen Hand. Etwa 10,1 Milliarden Franken davon waren auf Steuern aus Arbeitseinkommen und Unternehmensgewinnen zurückzuführen. Ca. 9,2 Milliarden Franken nahm der Bund in Form von Steuern auf Finanzmarkttransaktionen und Finanzdienstleistungen ein.
Hintergrund: Wertschöpfung wird neu höher eingeschätzt
Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) misst die Wirtschaftsleistung eines Land in Form des Bruttoinlandsproduktes sowie der Wertschöpfung der Branchen. Die Wertschöpfung einer Branche ergibt sich rechnerisch als die Differenz zwischen der Gesamtproduktion und der bei der Leistungserstellung verwendeten Vorleistungen.
Das Bundesamt für Statistik (BFS) überarbeitet die VGR in regelmässigen Abständen methodisch. Mit der Revision der Schweizer VGR 2020 wird die Wertschöpfung des Finanzsektors im Jahr 2018 um mehr als CHF 6 Mrd. höher eingeschätzt. Das entspricht einer Revision von fast 10 Prozent. Diese Differenz ist wesentlich auf Anpassungen bei der Abgrenzung der Auslandstätigkeit der Banken zurückzuführen. Neu wird ein grösserer Teil der von den Banken bezogenen Vorleistungen im Ausland ansässigen Unternehmenseinheiten zugerechnet. Dies führt dazu, dass die inländische Wertschöpfung der Banken, welche sich als Differenz aus Produktionswert und Vorleistungen berechnet, höher ausfällt. Die Grossbanken, die besonders viele Angestellte im Ausland haben, sind von dieser Methodenanpassung am stärksten betroffen.
Verhaltene Perspektiven für den Finanzsektor
Der Finanzsektor ist durch die Corona-Krise unmittelbar weniger stark betroffen als andere Branchen, da die Unternehmen des Finanzsektors ihre Geschäftstätigkeit aufrechterhalten konnten. Aufgrund der Corona-Krise sehen sich die Versicherungen mit erhöhten Schadenzahlungen konfrontiert. Die Banken konnten im Frühjahr von erhöhten Handelsaktivitäten profitieren, sind aber durch die Investitionszurückhaltung der Unternehmen und Wertverlusten bei den verwaltenden Vermögen negativ betroffen. Dadurch wird die Corona-Krise auch im Finanzsektor zu einem Wertschöpfungsrückgang im Jahr 2020 führen. Das Tiefzinsumfeld wird durch die Corona-Krise noch länger anhalten. Auch die im Vergleich zum starken Einbruch im Jahr 2020 verhaltene Erholung der Gesamtwirtschaft im Jahr 2021 und mögliche Verluste auf dem Kreditportefeuille werden sich dämpfend auf das Wachstum des Finanzsektors auswirken.
Herausgeber
BAK Economics AG
Ansprechpartner
Martin Peters, Projektleitung
Finanzsektor Analysen
T +41 61 279 97 32
martin [dot] petersbak-economics [dot] com
Michael Grass, Mitglied der Geschäftsleitung
Leiter Branchen- und Wirkungsanalyse
T +41 61 279 97 23
michael [dot] grassbak-economics [dot] com
Adresse
BAK Economics AG
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Titelbild
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BAK Studie 2020: Volkswirtschaftliche Bedeutung des Schweizer Finanzsektors
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