Sicherheit im Alltag
Sicherheit ist auch in der modernen Gesellschaft ein grundlegendes Bedürfnis. Wenn sich Menschen unsicher fühlen, bedeutet dies nicht zuletzt auch eine wesentliche Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität.
Das Sicherheitsgefühl wird einerseits durch unterschiedliche Aspekte im Leben beeinflusst. Andererseits ist das Bedürfnis nach Sicherheit in den verschiedenen Lebensbereichen eines Menschen nicht immer gleichermassen gedeckt. So kann die Erwerbstätigkeit zum Sicherheitsgefühl einer Person beitragen, wenn sie diese als gesichert betrachtet. Die Publikationsreihe «Sicherheitsmonitor» des SVV geht deshalb auch dieses Jahr auf die Sicherheitsbedürfnisse der Bevölkerung ein.
Kapitel
Was im Leben Sicherheit gibt
Sicherheit ist zum einen ein objektiver Zustand, der sich durch Statistiken beschreiben lässt.1 Für den Menschen und sein Bedürfnis nach Sicherheit entscheidend ist allerdings das individuelle Gefühl, sich sicher zu fühlen. Dieses subjektive Sicherheitsempfinden muss nicht zwingend mit der objektiv messbaren Sicherheit übereinstimmen. Vielmehr wird das Gefühl, sicher zu sein, durch die persönliche Einschätzung beeinflusst, dass verschiedene, für die Person wichtige Lebensbereiche nicht gefährdet sind.
Seit gut einem Jahr ist die Covid-19-Pandemie omnipräsent. Sie durchdringt beinahe sämtliche Lebensbereiche und das Leben verändert sich aktuell in rasanter Geschwindigkeit. Dennoch, die Menschen in der Schweiz fühlen sich grösstenteils sicher. Auch in der diesjährigen Erhebung gaben knapp neun von zehn der Befragten an, sich in der heutigen Zeit sicher zu fühlen (nicht in Abb.). Das Gefühl der Sicherheit gibt dabei vor allem die eigene Familie, gefolgt vom Arbeitsplatz (Erwerbspersonen) und vom Sozialstaat (Abb. 21). Auch nach Monaten, in denen sich das Leben aufgrund behördlicher Anordnung vermehrt in den eigenen vier Wänden abgespielt hat, trägt für unverändert knapp drei Viertel der Befragten die Familie massgeblich zum persönlichen Sicherheitsgefühl bei. Im Vergleich zum Vorjahr unterstützt für die Befragten interessanterweise auch die Erwerbstätigkeit – und damit das gesicherte Einkommen – wieder mehr das Gefühl von Sicherheit.
1 z.B. durch die polizeiliche Kriminalitätsstatistik des Bundesamtes für Statistik (BFS)
Bereiche, die massgeblich zum Sicherheitsgefühl der Befragten beitragen (Abb. 21)
«Ganz grundsätzlich: Was trägt massgeblich zu Ihrem Sicherheitsgefühl bei?», Angaben in Prozent
Über die drei Erhebungsjahre hinweg ist für die Bevölkerung die Absicherung durch den Sozialstaat oder durch Versicherungen zunehmend wichtiger geworden: Seit 2019 haben diese Bereiche in der Bevölkerung langsam, aber stetig an Relevanz gewonnen. Im aktuellen Jahr gibt mehr als die Hälfte der befragten Personen an, dass ihnen das soziale Auffangnetz des Sozialstaates und die finanzielle Absicherung durch Versicherungen Sicherheit geben.
Eine geringere Bedeutung als vor Beginn der Pandemie hat dagegen der eigene Freundeskreis, was nicht überrascht, da die Pflege des Freundschaftsnetzwerks in den letzten Monaten erschwert gewesen ist.
Es ist zu vermuten, dass je nach Lebensphase unterschiedliche Bereiche Sicherheit stiftend sind. In der Tat vermitteln den jungen Erwachsenen die eigene Familie und der Freundeskreis deutlich häufiger ein Gefühl von Sicherheit, als dies bei über 35-jährigen Personen der Fall ist (Abb. 22). Der Arbeitsplatz und das Arbeitsumfeld spielt dagegen vor allem bei der Altersgruppe der 26- bis 55-Jährigen, die mitten im Erwerbsleben stecken, eine bedeutendere Rolle. Wenig überraschend gewinnen mit den Lebensjahren private Versicherungen, das eigene Ersparte und der Sozialstaat für die Stärkung des persönlichen Sicherheitsgefühls an Gewicht.
Bereiche, die massgeblich zum Sicherheitsgefühl beitragen – nach Alter (Abb. 22)
«Ganz grundsätzlich: Was trägt massgeblich zu Ihrem Sicherheitsgefühl bei?», Angaben in Prozent
Sicherheitsbedürfnis – befriedigt oder unbefriedigt?
Wie die Abbildung 23 zeigt: Unabhängig vom Erhebungsjahr fühlt sich die Bevölkerung im Quervergleich der erhobenen Bereiche in Bezug auf die Wohnsituation am besten abgesichert, gefolgt vom sozialen Umfeld. Ebenfalls eine positive Sicherheitsbilanz – als Differenz zwischen dem Anteil der Befragten, deren Sicherheitsbedürfnis vollends befriedigt ist, und solchen, deren Bedürfnis nach Sicherheit überhaupt nicht befriedigt ist – zeigt sich in den Bereichen der Gesundheitsvorsorge und der Erwerbstätigkeit.
Im Lebensbereich des sozialen Umfelds und der Erwerbstätigkeit lässt sich allerdings in den Erhebungen der letzten zwei Jahre eine gewisse Verunsicherung beobachten. Insbesondere in der Vorjahresumfrage lag der Anteil an Erwerbspersonen, die sich deutlich mehr berufliche Sicherheit wünschten, markant höher als 2019. Im aktuellen Jahr lässt sich zwar eine gewisse Entspannung messen. Dennoch fällt die Bilanz auch dieses Jahr deutlich tiefer aus als zur Zeit vor Beginn der Covid-19-Pandemie. Zunehmend besser gedeckt sieht die Bevölkerung dagegen ihr Bedürfnis nach gesundheitlicher Sicherheit wie auch nach finanzieller Absicherung. Letzteres fällt in der Bilanz allerdings nur knapp positiv aus.
Sicherheitsbedürfnis nach Bereichen (Abb. 23)
Voll und ganz: «In welchen Bereichen ist Ihr Sicherheitsbedürfnis voll und ganz befriedigt?»
Gar nicht: «In welchen Bereichen ist Ihr Sicherheitsbedürfnis gar nicht befriedigt?»,
Bilanz: Differenz aus «Voll und ganz» und «Gar nicht», Angaben in Prozent(punkten)
Nach wie vor lässt sich in der Altersvorsorge und in Bezug auf eine intakte Umwelt in der Bevölkerung ein Sicherheitsdefizit beobachten. Bei der Vorsorge für das Alter zeigt sich zudem – wie auch bei der finanziellen Absicherung – eine gewisse Zweiteilung der Bevölkerung. Jeweils ein substanzieller Teil der Bevölkerung fühlt sich entweder finanziell vollends abgesichert oder gar nicht abgesichert – sei es im Alter oder allgemein. Im Gegensatz zu den finanziellen Ressourcen ist bei der Altersvorsorge die Bilanz allerdings negativ: Es fühlen sich mehr Menschen deutlich zu wenig abgesichert als genügend abgesichert. Weiterhin hat die Bevölkerung das grösste Bedürfnis nach mehr Sicherheit in Bezug auf eine intakte Umwelt.
Die Antwort auf die Frage, in welchen Bereichen sich Menschen genügend abgesichert fühlen und in welchen sie sich mehr Sicherheit wünschen, variiert wiederum deutlich nach Alter. Abbildung 24 zeigt dabei pro Altersgruppe, wo das Sicherheitsbedürfnis der Befragten in der Bilanz gedeckt ist und wo nicht. Bereiche oberhalb der Linie in Blau haben eine positive, gelbe eine negative Bilanz.
Sicherheitsbedürfnis nach Bereichen – nach Alter (Abb. 24)
Bilanz zwischen «In welchen Bereichen ist Ihr Sicherheitsbedürfnis voll und ganz befriedigt?» und «In welchen Bereichen ist Ihr Sicherheitsbedürfnis gar nicht befriedigt?» in Prozentpunkten
Bereits auf den ersten Blick wird deutlich, dass das Bedürfnis nach Sicherheit bei den älteren Befragten viel breiter abgedeckt ist als bei den Jüngeren. Insbesondere wenn es um ihre finanzielle Vorsorge für das Alter geht, fühlen sich junge Erwachsene ungenügend abgesichert. Auch bei den 36- bis 65-Jährigen weist die Altersvorsorge eine Negativbilanz auf, allerdings weniger deutlich. Über 65-Jährige fühlen sich dagegen – mit Ausnahme der intakten Umwelt – in allen erfragten Bereichen genügend abgesichert. Die Umwelt ist zudem auch der einzige Bereich, in dem sich keine der drei Altersgruppen ausreichend abgesichert sieht. Auch hier sind es jedoch die jüngeren Personen, deren Sicherheitsbilanz bei der Umwelt am negativsten ausfällt. Sie sind es, welche durch den Klimawandel und andere Umweltprobleme am längsten und nachhaltigsten betroffen sein werden.
Vergleichsweise wenig Unterschiede gibt es bei der Aufschlüsselung der Sicherheitsbilanz nach Geschlecht (Abb. 25).
Sicherheitsbedürfnis nach Bereichen – nach Geschlecht (Abb. 25)
Bilanz zwischen «In welchen Bereichen ist Ihr Sicherheitsbedürfnis voll und ganz befriedigt?» und «In welchen Bereichen ist Ihr Sicherheitsbedürfnis gar nicht befriedigt?» in Prozentpunkten
Mit Ausnahme der Altersvorsorge unterscheidet sich die Sicherheitsbilanz der beiden Geschlechter wenig. Frauen fühlen sich zwar im sozialen Umfeld besser abgesichert als Männer. Letztere dafür, wenn es um die finanziellen Ressourcen und den Bereich der Gesundheitsvorsorge geht. Im Gegensatz zu den Männern ist die Sicherheitsbilanz der Frauen bei der Altersvorsorge negativ: Es fühlen sich deutlich mehr Frauen finanziell für das Alter zu wenig abgesichert.
SVV Sicherheitsmonitor 2021
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Editorial
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In Kürze
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Sicherheit und Freiheit
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Risiken
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Sicherheit im Alltag
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Vorsorge: Erwartungen und Verhalten
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Herausforderung Altersvorsorge
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Methodik
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