Fi­d­leg: Be­stim­mun­gen pas­sen nicht für Ver­si­che­run­gen

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Nach «Lehman Brothers» und «Madoff» wollte auch die Schweiz den Kundenschutz beim Vertrieb von Finanzprodukten ausbauen und hat die Ausarbeitung eines neuen Finanzdienstleistungsgesetzes in Auftrag gegeben. Das Fidleg ist auf Banken zugeschnitten. Es berücksichtigt die Besonderheiten der Versicherungen nicht.

Mehr Kundenschutz im Finanzmarkt

Der Konkurs von Lehman Brothers – der auch viele Anlegerinnen und Anleger aus der Schweiz betraf – und der Betrugsfall Bernard Madoff führten rund um den Globus zur verstärkten Regulierung des Finanzmarkts. 2012 beauftragte der Bundesrat das Eidgenössische Finanzdepartement EFD, gesetzliche Grundlagen zur Verbesserung des Kundenschutzes beim Vertrieb von Finanzprodukten zu erarbeiten. Nach einem Vernehmlassungsverfahren verabschiedete der Bundesrat im 2015 die Botschaft zum Finanzdienstleistungsgesetz Fidleg und zum Finanzinstitutsgesetz Finig an das Parlament. Der Schweizerische Versicherungsverband SVV forderte, dass die Versicherungsbranche nicht in das Fidleg einbezogen wird – denn Versicherungskunden waren von den schwerwiegenden Ereignissen an den Finanzmärkten nicht betroffen, und die Assekuranz ist bereits stark reguliert. Auf diese Forderung ging der Bundesrat nicht ein.

Umstrittene Botschaft des Bundesrates

Der Ständerat, der die Botschaft als Erstrat prüfte, entschied dann aber, die Versicherungsbranche nicht dem Fidleg zu unterstellen. Neue Regeln für die Branchen sollten erst im Rahmen der Revision des Versicherungsaufsichtsgesetzes VAG und des Versicherungsvertragsgesetzes VVG aufgestellt werden. Im September 2017 folgte der Nationalrat als Zweitrat dem Beschluss des Ständerates, die Versicherungsbranche nicht dem Fidleg zu unterstellen und bestimmte Punkte (qualifizierte Lebensversicherungen und Versicherungsvermittler) zu einem späteren Zeitpunkt im VAG zu regeln. Das Vernehmlassungsverfahren dafür wird voraussichtlich im zweiten Quartal 2018 eröffnet.

Das neue Fidleg ignoriert die Besonderheiten der Versicherungsbranche

Der SVV begrüsst den Entscheid des Parlamentes, die Versicherungsbranche nicht dem Fidleg zu unterstellen. Die Botschaft des Bundesrates ist auf das Bankwesen zugeschnitten. Sie orientiert sich an der europäischen «Markets in Financial Instruments Directive» – kurz Mifid. Sowohl Mifid I (Erlass 2004) als auch Mifid II (Verabschiedung 2014) nehmen Versicherungen aus. So ist es auch nicht überraschend, dass Midfid die Besonderheiten des Versicherungswesens nicht berücksichtigt. Ein wichtiger Unterschied zwischen dem Versicherungs- und dem Bankwesen ist zum Beispiel, dass ein Versicherungsvertrag kein Auftrag ist.

Die Versicherungsbranche ist bereits streng reguliert und benötigt keinen weiteren Bestimmungen

Die Versicherungsbranche ist bereits heute streng reguliert: durch das Versicherungsaufsichtsgesetz VAG mit dazugehöriger Aufsichtsverordnung AVO sowie durch das Versicherungsvertragsgesetz VVG. Zu diesen gesetzlichen Gesetzen kommen zahlreiche Rundschreiben der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma. Die Gesetze und Rundschreiben sichern einen hohen Kundenschutz, indem sie einerseits die Ausgestaltung und den Vertrieb von Versicherungsprodukten regeln, anderseits Bestimmungen zur Sicherung der Solvenz der Versicherer aufstellen. Für die Assekuranz mit ihren vielen Besonderheiten ist ein branchenspezifischer Ansatz auch künftig die beste Lösung. Bestimmungen zum Kundenschutz müssen wenn nötig auch künftig in den Spezialgesetzen VAG/VVG erfasst werden.

Das Fidleg bringt der Branche nicht den versprochenen Zugang zu ausländischen Märkten

Die Befürworter des Fidleg argumentieren, dieses würde den Zugang von Schweizer Finanzdienstleistern zum EU-Binnenmarkt verbessern. Für die Schweizer Assekuranz gilt dieses Argument aber nicht, denn das VAG erlaubt grenzüberschreitende Versicherungsgeschäfte nur in sehr engem Rahmen. Schweizer Versicherungsunternehmen können nur dann grenzüberschreitende Verträge abschliessen, wenn sie nicht aufsichtspflichtig sind oder wenn ein Staatsvertrag die Dienstleistungsfreiheit zwischen der Schweiz und dem anderen Land vorsieht. Eine solche gegenseitige Dienstleistungsfreiheit existiert gegenwärtig nur zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein.

Branchenregister Cicero

2015 wurde das Branchenregister Cicero in Betrieb genommen. Cicero steht für «Certified Insurance Competence». Cicero ist das Bekenntnis der Assekuranz zu Beratungsqualität und lebenslangem Lernen. Zertifiziert sind nur Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler mit anerkannter Basisqualifikation und regelmässiger Weiterbildung. Mit Cicero belegt die Versicherungsbranche, dass ihr der Schutz der Kundinnen und Kunden wichtig ist. Das Register ist unter www.cicero.ch öffentlich einsehbar.

Fazit

Das Fidleg ist nicht auf die Versicherungsbranche ausgerichtet. Deshalb darf die Assekuranz ihm auch nicht unterstellt werden. Bestimmungen zum Schutz der Kundinnen und Kunden gehören in die Spezialgesetze VAG/VVG, die speziell für die Branche formuliert wurden. Mit Cicero beweist die Assekuranz, dass sie sich selber regulieren kann und vom Gesetzgeber keine weiteren Vorgaben benötigt.