Altersvorsorge stabilisieren und nachhaltig ausgestalten
Reformen im Bereich der Altersvorsorge sind für die Zukunft der Schweiz von zentraler Bedeutung. AHV und BVG müssen finanziell stabilisiert und langfristig nachhaltig ausgestaltet werden.
Die Altersvorsorge steht vor grossen Herausforderungen: Die Lebenserwartung steigt und der Nachwuchs fehlt. Die steigende Lebenserwartung führt dazu, dass die Renten aus der staatlichen Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV, erste Säule) und der beruflichen Vorsorge (BVG, zweite Säule) immer länger ausbezahlt werden. In der AHV sinkt zudem aufgrund des fehlenden Nachwuchses die Zahl der Beitragszahler pro Rentenbezüger laufend, was zu rasch wachsenden Defiziten führt. Im BVG-Obligatorium wiederum erfolgt eine massive systemfremde Umverteilung von den Berufstätigen zu den Rentenbezügerinnen und -bezügern, weil der Umwandlungssatz viel zu hoch ist und die Anlagerenditen gesunken sind. Von Letzterem ist weiterhin auszugehen, womit sich der Druck auf der Beitragsseite zusätzlich erhöht.
AHV: steigende Kosten, offene Finanzierung
Durch das «Ja» zur Steuer-AHV-Reform (STAF) in der Volksabstimmung vom 19. Mai 2019 sind die Einnahmen der AHV ab 2020 um rund 2 Milliarden Franken pro Jahr gestiegen. Davon stammen rund 1,2 Milliarden aus der Erhöhung der Lohnbeiträge um 0,3 Prozentpunkte. Nach dem «Ja» zur Stabilisierung der AHV («AHV 21») in der Volksabstimmung vom 25. September 2022 fliessen der AHV durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,4 Prozentpunkte per 1. Januar 2024 jährlich zusätzlich weitere 1,4 Milliarden Franken zu.
In der Volksabstimmung vom 3. März 2024 wurde die Volksinitiative für eine 13. AHV-Rente angenommen. Die Kosten der 13. AHV-Rente belaufen sich bei der Einführung auf 4,1 Milliarden Franken. Sie steigen innerhalb von 5 Jahren auf rund 5 Milliarden Franken pro Jahr. Die Finanzierung wurde in der Volksinitiative offengelassen. Gleichzeitig wurde die Volksinitiative für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge, die die Anbindung des Rentenalters an die Lebenserwartung vorsah, abgelehnt. Damit wurden die mit STAF und AHV 21 erreichten Fortschritte bei der finanziellen Stabilisierung der AHV wieder preisgegeben.
Die nächste Chance bietet sich mit der Motion «Auftrag für die nächste AHV-Reform» (21.3462) der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats. Diese beauftragt den Bundesrat, dem Parlament bis am 31. Dezember 2026 eine Vorlage zur Stabilisierung der AHV für die Zeit von 2030 bis 2040 zu unterbreiten.
BVG: Reform abgelehnt
Am 22. September 2024 hat die Schweizer Bevölkerung die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG-Reform) abgelehnt. Die Reform zielte darauf ab, die Finanzierung der 2. Säule zu stärken, das Leistungsniveau insgesamt zu erhalten und die Absicherung von Teilzeitbeschäftigten zu verbessern. Sie sah u. a. eine Reduktion des BVG-Umwandlungssatzes von 6,8 Prozent auf 6,0 Prozent und damit die Verbesserung der Situation der BVG-minimalen bzw. -nahen Vorsorgeeinrichtungen vor. Diese Vorsorgeeinrichtungen sind auf die Reduktion des BVG-Umwandlungssatzes angewiesen, um Pensionierungsverluste reduzieren bzw. vermeiden zu können. Vorsorgeeinrichtungen mit überobligatorischen Leistungen haben demgegenüber ihren Spielraum genutzt und die notwendigen Massnahmen getroffen: Umhüllende Vorsorgeeinrichtungen haben den Umwandlungssatz auf ein Niveau von durchschnittlich rund 5,2 Prozent gesenkt.
Vorsorgeeinrichtungen, die das Splitting-Modell anwenden, haben dieses durch Reduktion des reglementarischen Umwandlungssatzes auf den obligatorischen Altersguthaben auf z. B. 6,5 oder 6,2 Prozent und die Anwendung eines versicherungstechnisch korrekten Umwandlungssatzes auf den überobligatorischen Altersguthaben von z. B. 4,5 Prozent modifiziert. Ein nächster Anlauf für eine BVG-Reform ist derzeit nicht absehbar.
Altersvorsorge der Realität anpassen
Nach der finanziellen Stabilisierung von AHV und BVG ist deren nachhaltige Ausgestaltung zwingend. Eine langfristig sichere Finanzierung der Altersvorsorge setzt voraus, dass die Parameter (Referenzrücktrittsalter, BVG-Umwandlungssatz, BVG-Mindestzinssatz) den tatsächlichen Bedingungen entsprechend festgelegt werden. Der SVV unterstützt deshalb Vorstösse zur Anbindung dieser Parameter an die realen Verhältnisse.
Verschlechterte Rahmenbedingungen für die Kollektivlebensversicherung
Mit Blick auf die Kollektivlebensversicherung (d. h. auf Verträge zwischen Vorsorgeeinrichtungen und Lebensversicherern) ist zu beachten, dass der Schweizer Solvenztest (SST) die Anforderungen an die Bildung und Erhaltung des Solvenzkapitals massiv verschärft hat. Die zu hohen Kapitalanforderungen führen dazu, dass Garantieleistungen und Risikoabsicherungen zu teuer werden und deshalb nicht mehr oder nur noch eingeschränkt angeboten werden können. Wer den entsprechenden Risiken ausgesetzt ist, kann sich nicht mehr bedarfsgerecht absichern – oder die Risiken müssen vom Staat getragen werden. Dies steht in direktem Widerspruch zur bisherigen und in der Gesellschaft breit abgestützten Ausgestaltung der beruflichen (und privaten) Vorsorge. Eine weitere Verschlechterung der Rahmenbedingungen wäre nicht tragbar.
Die privaten Lebensversicherer verwalten rund einen Achtel der Vorsorgegelder, versichern mehr als zwei Fünftel der aktiv Versicherten (inklusive reiner Risikoversicherung) und bedienen über einen Fünftel der Rentenbezügerinnen und -bezüger (Quellen: BFS, Pensionskassenstatistik 2022; FINMA, Daten zur Betriebsrechnung berufliche Vorsorge 2022).
Funktionierender Wettbewerb zugunsten der KMU
Die Lebensversicherer bieten den KMU eine umfassende Angebotspalette. Sie stehen in einem funktionierenden Wettbewerb untereinander und mit anderen Vorsorgeanbietern. Dieser zeigt sich unter anderem in unterschiedlichen Kapitalerträgen, Risikoprämien und Überschüssen.
Strategie 2020–2024 | Vorsorge
Auch in Zukunft zeigen Kompetenz, Erfahrung und der volkswirtschaftliche Beitrag in der Vorsorge die Schlüsselrolle der Privat- und Krankenzusatzversicherer auf. Der SVV ist bestrebt, diese Attribute der Branche zu unterstreichen.