Her­aus­for­de­rung Re­vi­si­on Al­ters­vor­sor­ge

Eine Knacknuss namens Rentenreform

Reformen der Altersvorsorge haben es seit 20 Jahren schwer in der Schweiz. Der als selbstverständlich empfundene Wohlstand, die zunehmende Individualisierung und der Dauerwahlkampf in einer polarisierten Politlandschaft sind Erklärungen dafür. Frische Ideen könnten helfen.

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Transparenz und Ehrlichkeit für ein nachhaltiges Vorsorgesystem

Die anstehende Reform ist der erforderliche nächste Schritt auf dem Weg zu einer kontinuierlichen Verbesserung unserer Altersvorsorge, sagt Ständerätin Johanna Gapany. Sie spricht über die Dringlichkeit und die Anforderungen an eine Reform.

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Ein Kommentar von Peter Kappeler*

Das schweizerische Dreisäulenmodell ist bis heute innovativ und wegweisend. Es bindet den Staat, die Wirtschaft und das Individuum konzeptionell ausgewogen ein. Es umfasst sowohl obligatorische als auch freiwillige Elemente – und es verlangt Solidarität und zugleich Eigenverantwortung. Es ist so verzahnt, dass eine funktionierende, möglichst lückenlose Absicherung bei Tod und Invalidität sowie im Alter gewährleistet wird.

Das schweizerische Dreisäulenmodell ist bis heute richtig gut. Bis heute. Und morgen?

Am Modell gibt es nichts zu rütteln, aber an der Ausgestaltung der ersten und der zweiten Säule sehr wohl – und zwar mit höchster Dringlichkeit. Für die zweite Säule heisst dies konkret: So wie sich die Gesellschaft und die Wirtschaft wandeln, muss sich auch die berufliche Vorsorge weiterentwickeln. Sie muss den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnissen und Realitäten entsprechen und sich diesen auch laufend anpassen. Gleichzeitig muss sie wirtschaftlich tragbar bleiben.

Peter Kappeler, Pax

Jetzt eine berufliche Vorsorge schaffen, die die Lebensrealitäten der Versicherten abbildet: Peter Kappeler.

Wir sind an einem Punkt, an dem die langfristige Verankerung und die Tragbarkeit gefährdet sind. Mit den aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen werden wir das heutige Leistungsniveau der Vorsorge für die jüngeren Generationen nicht mehr halten können. Für sie wird die Altersleistung bei der Pensionierung dereinst deutlich tiefer ausfallen. Vordringlichste Gründe dafür sind die demografische Entwicklung mit einer steigenden Lebenserwartung, die zu länger auszubezahlenden Renten führt, ein noch immer anhaltendes Tiefzinsumfeld und die Passivität des Gesetzgebers, der es bisher verpasst hat, die Parameter an die geänderten Umstände anzupassen. So entspricht der gesetzlich vorgeschriebene Umwandlungssatz für die Umrechnung des obligatorischen Altersguthabens in die individuelle Rente längst nicht mehr den ökonomischen Realitäten. Die dadurch entstandene Finanzierungslücke wird durch einen Teil der laufend erwirtschafteten Erträge finanziert. Mit anderen Worten: Die aktiv Versicherten finanzieren eine Umverteilung hin zu den Rentnerinnen und Rentnern, die unerwünscht ist, weil sie in der zweiten Säule so nicht vorgesehen ist.

Jetzt tun in der beruflichen Vorsorge Reformen Not. Diese Reformen müssen die berufliche Vorsorge kurz­ und mittelfristig widerstandsfähig gegen weitere Anpassungen des Umfelds machen. Kurzfristig, indem der Umwandlungssatz substanziell gesenkt und die noch verbleibende Umverteilung nicht mehr quer, sondern transparent über einen zusätzlichen Beitrag finanziert wird. Mittelfristig, indem die berufliche Vorsorge finanziell stabilisiert und so das Leistungsniveau und die Renten – und damit das System der zweiten Säule – gesichert werden und indem die Sparprozesse verstärkt werden.

Die Politik hat die neuralgischen Punkte identifiziert und macht sich daran, ein zielführendes Gesamtpaket zu schnüren. Die Diskussionen laufen denn auch in die richtige Richtung. Über die politischen Diskussionen hinaus muss es uns gelingen, die Bevölkerung – Arbeitstätige und Rentnerinnen und Rentner – auf die Gedankenreise mitzunehmen und bei ihr das Verständnis für die Brisanz der aktuellen Lage zu schaffen. Denn sie wird an der Urne das entscheidende Wort sprechen und hinterher den Entscheid und die daraus erwachsenen Konsequenzen tragen müssen.

Um es deutlich zu sagen: Können wir die zwingend notwendigen Reformen im BVG nicht bald umsetzen, werden schmerzhafte Rentenkürzungen unumgänglich sein. Mit unmittelbarem Vorrang unter den nötigen Anpassungen sind zu nennen: die Senkung des Umwandlungssatzes, ein Ende der Umverteilung und die zentrale Finanzierung der Massnahmen für die Übergangsgeneration über den Sicherheitsfonds BVG.

Schaffen wir es, jetzt schnell an den richtigen Stellschrauben zu drehen und die Selbsterneuerung der zweiten Säule voranzutreiben, dann wird aus dem erratischen Block BVG eine berufliche Vorsorge, die die Lebensrealitäten der Versicherten abbildet und den Wandel in Gesellschaft und Wirtschaft mitgeht und so eine tragfähige Vorsorge mit für alle fairen Bedingungen garantiert.

 

*Zur Person: Peter Kappeler ist Vorsitzender der Geschäftsleitungen der Pax Versicherung sowie der Pax Holding.