Ober­flä­chen­ab­fluss: Die un­ter­schätz­te Ge­fahr bei Stark­re­gen

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Strassen, die zu Sturzbächen werden, überflutete Unterführungen, zerstörte Keller: Überschwemmungen infolge heftigen Niederschlags sorgen regelmässig für Schlagzeilen. In den vergangenen Jahren war Oberflächenabfluss gleich bei mehreren Ereignissen die Hauptursache für massive Überschwemmungsschäden. Die «Gefährdungskarte Oberflächenabfluss» zeigt, welche Gebiete in der Schweiz besonders gefährdet sind.

Hochwasser gibt es nicht nur, weil Bäche, Flüsse oder Seen über die Ufer treten. Bei heftigen Niederschlägen kann auch Regenwasser, das nicht im Boden versickert, sondern auf der Geländeoberfläche abfliesst, zu Überschwemmungen führen. Rund 50 Prozent der Schäden durch natürliche Wassergefahren werden denn auch aufgrund von Oberflächenabfluss verursacht. Die folgenden drei Beispiele von verheerenden Überschwemmungen gehen auf Oberflächenabfluss zurück:

Sitten, 6. August 2018

Überschwemmung Sitten, 6. August 2018

Copyright: Sabine Papilloud / Le Nouvelliste

Innerhalb einer Stunde hat sich die Regenmenge über Sitten ergossen, die üblicherweise in einem Monat fällt: Rund 50 Millimeter Wasser pro Quadratmeter. Die Wassermassen flossen vom Norden der Stadt her den Strassen entlang ab und setzten das Zentrum von Sitten unter Wasser. Mehr als 100 Keller wurden überschwemmt. Die Schäden an Gebäuden sowie Mobiliar betrugen schätzungsweise 15 Millionen Franken.

Lausanne, 11. Juni 2018

Überschwemmung Lausanne, 11. Juni 2018

Bild: Tamedia

Die Regenmenge, die an jenem Montagabend innert kürzester Zeit gefallen ist, gilt als Rekordmenge: 41 Millimeter pro Quadratmeter in zehn Minuten. In der abschüssig am Hang gelegenen Stadt Lausanne verwandelte das oberflächlich abfliessende Wasser die Strassen innert kürzester Zeit in Sturzbäche. Im Kellergeschoss des Kleidergeschäftes «H & M» erreichte der Wasserstand gar 3,5 Meter. In Erinnerung bleiben die Wasserfälle bei den Treppen im Bahnhof von Lausanne. Die Schäden an Gebäuden und Mobiliar beliefen sich auf 10 bis 12 Millionen Franken.

Zofingen, 8. Juli 2017

Überschwemmung Zofingen, 8. Juli 2017

Quelle: Feuerwehr Zofingen

Das Gewitter über Zofingen hat drei Stunden gedauert, ohne je an Intensität nachzulassen – das ist aussergewöhnlich lang. Die Folge waren enorme Regenmengen: Rund 100 Liter pro Quadratmeter schüttete die Gewitterzelle aus. Die abfliessenden Wassermassen hinterliessen insgesamt Schäden in der Höhe von rund 150 Millionen Franken, davon 90 Millionen allein an Gebäuden. Zur Bewältigung der Überschwemmungen standen nebst der Feuerwehr mehrere Zivilschutzorganisationen zwei Wochen lang im Einsatz.

Heftige Niederschläge nehmen zu

Mit dem Klimawandel treten Unwetterereignisse häufiger und intensiver auf. Insbesondere Hitzewellen können Starkniederschläge begünstigen. Das Bundesamt für Umwelt BAFU, die Vereinigung der Kantonalen Gebäudeversicherungen VKG und der Schweizerische Versicherungsverband SVV haben gemeinsam die «Gefährdungskarte Oberflächenabfluss» erarbeitet und damit eine Lücke im Hochwasserschutz geschlossen.

Die «Gefährdungskarte Oberflächenabfluss» ist online frei zugänglich. Sie zeigt, wo bei starken Regenfällen das Wasser oberflächlich abfliesst und Gebäude gefährdet sind. Dadurch lassen sich mit gezielten Präventionsmassnahmen Schäden an Haus und Mobiliar vermeiden – zum Beispiel indem man Sperren bei Tiefgaragen anbringt, Türen, Fenster und Fugen abdichtet oder Lichtschächte erhöht.
 

Zur «Gefährdungskarte Oberflächenabfluss»

Präventionstipps finden Sie unter www.schutz-vor-naturgefahren.ch