Wegweiser

Inflation: ein zweischneidiges Schwert für Versicherer

Standpunkt
3. Dezember 2025

Inflation und steigende Zinsen stellen die Versicherungswirtschaft vor Herausforderungen. Mit der richtigen Strategie und einem guten Risikomanagement eröffnen sich auf der Anlageseite aber auch Chancen. 

Nach einer Phase hoher Inflation und steigender Zinsen ist die Teuerung in der Schweiz mittlerweile wieder auf ein sehr tiefes Niveau gesunken. Während dies die Schadenkosten stabilisieren kann, ist auch mit sinkenden Kapitalerträgen zu rechnen. 

Nach Jahren rekordtiefer Inflation war die Schweiz vom ersten Quartal 2022 bis zum zweiten Quartal 2023 von deutlich steigenden Preisen betroffen. Die Inflation war zwar mit teilweise über 3 Prozent im internationalen Vergleich noch immer tief, lag aber dennoch deutlich über dem Zielband von 0 bis 2 Prozent, das die Schweizerische Nationalbank (SNB) mit Preisstabilität gleichsetzt. Zentralbanken wie auch die Schweizerische Nationalbank begegneten der Inflation mit Erhöhungen der Leitzinssätze. Seit dem dritten Quartal 2023 ist die Teuerung wieder unter 2 Prozent gefallen und bewegt sich seit Anfang 2025 nahe Null. Damit ist die Schweiz faktisch im Umfeld sehr tiefer Inflation – mit einzelnen Risiken einer Deflation.

Insbesondere für Schadenversicherer hatten die Preissteigerungen der Vorjahre unmittelbare Folgen: Höhere Ersatzteil- und Baukosten führten zu steigenden Schadensummen und zusätzlichen Rückstellungen. Diese Effekte wirken teilweise nach, auch wenn die aktuelle Teuerung minimal ist.

Kostensteigerungen nur langsam weitergegeben

Die Versicherer können gestiegene Ausgaben nicht unmittelbar auf der Einnahmenseite ausgleichen, da Prämien nur verzögert angepasst werden können. Zudem besteht in vielen Sparten ein intensiver Wettbewerb. Kostensteigerungen können nicht ohne Folgen an die Kundinnen und Kunden weitergegeben werden. Der Wettbewerb hat dazu geführt, dass die Prämien für Sachversicherungen in den letzten Jahren tendenziell gesunken sind. Versicherungsprodukte kosteten gemäss Landesindex der Konsumentenpreise 2024 durchschnittlich 8,9 Prozent weniger als vor zehn Jahren.

Exemplarisch für diese Entwicklung sind die Motorfahrzeugversicherungen, die im Vergleich zu 2014 um 17 Prozent gesunken sind. Über denselben Zeitraum stiegen die Preise für Fahrzeugersatzteile und Zubehör um 5,9 Prozent. Der Ersatz von Einrichtungsgegenständen und Bodenbelägen kostete im Jahr 2024 5,6 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Die Versicherer spüren die Inflation also direkt, wenn der Garagist wegen eines teureren Ersatzteils eine höhere Rechnung stellt oder wenn der Ersatz eines Fensters nach einem Gewitter mehr kostet.

Angesichts gestiegener Schadenkosten wird derzeit mit steigenden Prämien gerechnet. Der intensive Wettbewerb setzt Prämiensteigerungen aber klare Grenzen. Die Versicherer müssen sich daher über differenzierte Produkte und Services von ihren Mitbewerbern abheben.

Zinsumfeld: Rückkehr zum Nullzins

Nach einer kurzen Phase moderater Zinsen ist die Schweiz seit Mitte 2025 wieder im Nullzinsumfeld. Der SNB-Leitzins liegt bei 0 Prozent, die Rendite zehnjähriger Eidgenossen bei rund 0,17 Prozent (Stand Mitte November 2025). Dies reduziert die Ertragschancen auf der Anlageseite und erschwert die Garantieverzinsung in der Lebensversicherung. Sollten Inflation und Zinsen längere Zeit tief bleiben, könnte dies die Nachfrage nach klassischen Lebensversicherungsprodukten weiter dämpfen.. 

Solvenzquote als Beweis für Resilienz

Auch für die Anlagetätigkeit der Versicherer würde eine erneute anhaltende Tiefzinsphase eine Herausforderung darstellen. Die Schweizerische Privatassekuranz verfügt jedoch über eine starke Kapitalbasis und risikoadäquate Anlagestrategien. So liegt die Solvenzquote mit durchschnittlich 246 Prozent deutlich über den gesetzlich geforderten 100 Prozent.