So sind die Ver­si­che­rer von der In­fla­ti­on be­trof­fen

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Die Inflation in der Schweiz ist so hoch wie seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr. Spürbar ist sie besonders bei den Energiepreisen oder den Nahrungsmitteln. Notenbanken versuchen die Teuerung mit einer Erhöhung des Zinsniveaus in den Griff zu bekommen. Von beidem sind die Versicherer – und damit ihre Kundinnen und Kunden – direkt betroffen. Trotz der Herausforderungen beweisen die Versicherer jedoch Resilienz und sind damit verlässliche Partner.

Ausgelöst durch die Coronapandemie und den Kriegsausbruch in der Ukraine entstand in vielen Industrienationen ein kräftiger Inflationsschub. Inflationsraten von 8 Prozent und mehr sind im EU-Raum verbreitet. Die Schweiz schneidet im internationalen Vergleich mit einer Inflationsrate von 3,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr (Stand Februar 2023) zwar besser ab, liegt aber auch über dem Zielwert der Schweizerischen Nationalbank von 2 Prozent. Folgende fünf Punkte zeigen, wie die Versicherungsbranche von der Inflation betroffen ist – und halten auch einen Tipp für die Kundinnen und Kunden bereit.

1. Steigende Preise führen zu höheren Schadenskosten

Die Inflation wirkt sich in erster Linie auf die Kosten der Versicherer aus: Der Preisanstieg in verschiedenen Bereichen der Wirtschaft hat einen direkten Einfluss auf die Schadenskosten. Am Beispiel der Motorfahrzeugversicherung illustriert, bedeutet dies: Kostete die Reparatur eines defekten Autos 2021 5000 Franken, betragen die Kosten für die gleiche Reparatur 2023 fast 350 Franken mehr. Dies, weil beispielsweise die Kosten für die Ersatzteile gestiegen sind.

Langfristig haben höhere Schadenskosten damit einen Einfluss auf die Versicherungsprämien. Aufgrund des Wettbewerbs zwischen den Versicherungsgesellschaften steigen die Prämien jedoch oftmals weniger stark an als die Kosten. Lesen Sie hierzu mehr im Meinungsbeitrag von Michele Salvi.

2. Versicherungen sind in unsicheren Zeiten besonders wichtig

Versicherer spielen in Zeiten hoher Inflation eine entscheidende Rolle bei der finanziellen Absicherung ihrer Kundinnen und Kunden. Ist die wirtschaftliche Unsicherheit hoch, kann das Sicherheitsnetz der Versicherung den Unterschied ausmachen. Ein Beispiel: Nach einer Kollision ist Ihr Auto stark beschädigt. Die Reparatur des Fahrzeugs ist wie beschrieben deutlich teurer als noch vor einem Jahr, weil die Kosten für Ersatzteile und Dienstleistungen gestiegen sind. Hinzu kommt, dass die Reparaturen aufgrund von Arbeitskräftemangel und unterbrochenen Lieferketten länger dauern können. Ein fehlender Versicherungsschutz oder eine Unterversicherung kann folglich zu einer erheblichen finanziellen Belastung führen.

Unterversicherung – was es ist und was man dagegen unternehmen kann

Unterversicherung lässt sich am besten am Beispiel der Hausratsversicherung erklären: Wenn die Summe, die mit einer Versicherungspolice abgedeckt ist, tiefer ist als der tatsächliche Wert des Hausrats zum Zeitpunkt eines Schadens, bleibt man auf einem Teil der Kosten sitzen. Das gilt pro rata auch dann, wenn nicht der gesamte Hausrat zerstört wird. Mit der Inflation besteht die Gefahr, dass es zu einer solchen Situation kommt. Denn: Der Versicherungswert bemisst sich oftmals nach den Wiederherstellungs- oder Wiederbeschaffungskosten, auf die der Versicherungsnehmer im Schadenfall Anspruch hat. Steigen diese Kosten in grossem Ausmass an und die vertraglich vereinbarten Versicherungssummen werden nicht angepasst, besteht die Gefahr einer Unterversicherung. Auch andere Versicherungssparten wie Betriebsversicherungen sind davon betroffen. Es ist daher empfehlenswert, sich bei seiner Versicherung beraten zu lassen und die Versicherungssumme gegebenenfalls anzupassen.

3. Höhere Zinsen wirken sich kurzfristig negativ auf die Kapitalanlagen der Versicherer aus

Um die Inflation zu dämpfen, reagieren Zentralbanken, wie auch die Schweizerische Nationalbank, mit Erhöhungen des Leitzinssatzes. Das macht die Kapitalaufnahme und Investitionen teurer, was im Idealfall den Preisanstieg bremst. Dieser Zinsanstieg war in den letzten Monaten so steil wie schon seit Jahren nicht mehr.

Versicherer betrifft das im Kapitalanlagegeschäft. Denn auf langfristige Anleihen wirkt sich der Zinsanstieg auf kurze Frist negativ aus: Wenn neu ausgegebene Anleihen höher verzinst werden, verlieren bestehende Anleihen, die noch zum niedrigeren Zins ausgegeben wurden, an Wert. Vor allem Lebensversicherer haben aufgrund ihres langen Anlagehorizonts jedoch viele Anleihen im Bestand – deren Marktwert nun sinkt. Weil Versicherer aufgrund ihrer langfristigen Ausrichtung ihre Kapitalanlagen jedoch häufig bis zur Endfälligkeit halten, besteht in den meisten Fällen kein Abschreibungsbedarf.

Langfristig ist die Normalisierung des Zinsniveaus dennoch zu begrüssen. Denn mit neuen Anleihen lassen sich wieder bessere Renditen realisieren. Die positiven Effekte kommen jedoch erst zum Tragen, wenn die Zinsen über einen längeren Zeitraum hoch bleiben und wenn kein Rückgang im Wirtschaftswachstum damit einhergeht.

4. Die Vollversicherung fängt Kapitalmarktverluste auf

In der beruflichen Vorsorge sind die Kapitalmarktwirren aufgrund des grossen Anlagevolumens besonders gut sichtbar. Je nach Investitionsstrategie mussten die Vorsorgeeinrichtungen zum Teil erhebliche Verluste in ihren Portfolios hinnehmen. Aufgrund des langen Anlagehorizonts hält sich die negative Auswirkung zwar in Grenzen, reduziert jedoch nochmal die Renditemöglichkeiten des angelegten Kapitals.

Versicherte mit einer Vollversicherungslösung in der zweiten Säule tragen dieses Risiko nicht. Denn hier muss der Versicherer die Altersguthaben zum gesetzlichen Mindestzinssatz verzinsen – unabhängig davon, ob er auf den investierten Altersguthaben eine entsprechende Rendite erzielt. Durch eine äusserst sicherheitsorientierte Kapitalanlagestrategie versuchen Vollversicherer deshalb, mit möglichst wenig Risikokapital auszukommen. Eine Unterdeckung ist nicht möglich, denn die Versicherer müssen die Vorsorgeleistung stets zu 100 Prozent garantieren.

5. Schweizer Privatversicherer sind gut gerüstet

Trotz hoher Inflation und der wirtschaftlichen Abkühlung sind die Renten- und Kapitalverpflichtungen der Versicherer nicht gefährdet. Dank gutem Risikomanagement der Versicherer ist die Solvenzquote weiterhin sehr hoch. Schweizer Privatversicherer sind daher trotz grosser Herausforderungen solide aufgestellt und beweisen grosse Stabilität. Wer mit den richtigen Strategien auf diese Herausforderungen reagiert, wird gestärkt aus dieser wirtschaftlich schwierigen Phase herausgehen.