SVV Sessionsbrief Sommersession 2024
Gute Rahmenbedingungen sichern die Wettbewerbsfähigkeit der Versicherer langfristig – zugunsten der gesamten Volkswirtschaft.
Im Sessionsbrief nimmt der SVV Stellung zu politischen Themen, die für die Versicherer relevant sind und jetzt in der Sommersession 2024 beraten werden.
Ständerat
23.082 BRG. Legislaturplanung 2023–2027
Nachdem sich der Nationalrat in der Frühjahrssession 2024 mit der Legislaturplanung 2023–2027 befasst hat, ist das Geschäft 23.082 in der Sommersession im Ständerat traktandiert. Der SVV bezieht im Folgenden Stellung zu zwei branchenrelevanten Themen, die vom Nationalrat neu aufgenommen wurden.
Der SVV empfiehlt zur Legislaturplanung 2023–2027 folgende Anpassungen:
|
Art. 8 Ziff. 47bis – Verabschiedung der Botschaft zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer zur Finanzierung der AHV: Streichen
Von der Einführung einer Finanztransaktionssteuer zur Finanzierung der AHV ist unserer Meinung nach aus den folgenden – nicht abschliessenden – Gründen abzusehen:
1) Attraktivität des Schweizer Finanzplatzes wird weiter geschwächt
Der Bund erhebt mit der Emissions- sowie der Umsatzabgabe seit langer Zeit Finanztransaktionssteuern. Schon die heutige Besteuerungssituation schadet der Standortattraktivität der Schweiz im internationalen Vergleich. Die Einführung einer neuen Abgabe würde dieses Problem nochmals deutlich verschärfen. Ausserdem macht die hohe Schweizer Verrechnungssteuer von 35% Schweizer Aktien für ausländische Anleger bereits heute unattraktiv. Eine Finanztransaktionssteuer würde einen weiteren Anreiz bieten, in andere Märkte als die Schweiz zu investieren.
2) Sinkender Anreiz für private Vorsorge und Sparbemühungen
Die Kosten für Investitionen und Portfolio-Diversifikation, etwa in der Säule 3a, würden für Kleinanleger durch die Transaktionssteuer deutlich steigen und deren Vorsorgeguthaben geschmälert. Denn die durch die Transaktionssteuer entstehenden Zusatzkosten werden letzten Endes von den Kundinnen und Kunden getragen. Sowohl private Sparvermögen von Kleinanlegern wie auch Vorsorgekapitalien (BVG, 3a und AHV-Fonds) wären von den Zusatzbelastungen betroffen.
3) Erosion der Steuerbasis durch Ausweichverhalten institutioneller Anleger
Die Erwartung einer breiten Steuerbasis aufgrund der Einführung einer umfassenden Transaktionssteuer ist trügerisch, da insbesondere institutionelle Anleger Wege finden, die Steuer zu vermeiden. Volumenreiche Transaktionen und wichtige Finanzakteure dürften rasch ins Ausland abwandern, was im Endeffekt sogar zu einem Rückgang von Steuereinnahmen gegenüber dem Status quo führen kann. Sinkende Volumen führen ausserdem zu höherer Volatilität, was die Risiken im Finanzsystem vergrössert.
Zusätzlich zu den oben genannten hätte eine Finanztransaktionssteuer weitere unerwünschte Nebenwirkungen. Aus diesen Überlegungen empfehlen wir, dieses Ziel aus der Legislaturplanung zu streichen.
Art. 13 Ziff. 64bis – Verabschiedung einer Botschaft zur Einführung eines Obligatoriums bei der Krankentaggeldversicherung
Vom Festschreiben des Ziels der Verabschiedung einer Botschaft zur Einführung eines Obligatoriums bei der Krankentaggeldversicherung ist unserer Meinung nach aus den folgenden Gründen abzusehen:
1) Unnötige Parallelität zu derzeit laufenden politischen Bemühungen
National- und Ständerat befassen sich aktuell sowohl im Kontext der Motion Romano 21.4209 (Obligatorium für eine Krankentaggeldversicherung) wie auch der beiden Postulate SGK-S 24.3465 (Handlungsoptionen bei der Krankentaggeldversicherung) und Gutjahr 24.3154 (Absenzen am Arbeitsplatz. Sozialpartnerschaftlich Transparenz herstellen und zielgerichtete Massnahmen entwickeln) intensiv mit dem Themenfeld Krankentaggeld (KTG) und möglichem Handlungsbedarf resp. Lösungsansätzen. Das Festschreiben einer Botschaft zur Einführung eines KTG-Obligatoriums in der Legislaturplanung greift diesen Arbeiten durch Fokussieren auf einen (aus unserer Sicht nicht geeigneten) Lösungsansatz unnötigerweise vor. Angesichts der laufenden Arbeiten am Themenfeld und einer ergebnisoffenen Lösungssuche empfehlen wir, dieses Ziel aus der Legislaturplanung zu streichen.
2) Ein Obligatorium ist kein geeigneter Lösungsansatz
Im Übrigen fassen wir im Folgenden unsere im Kontext der Motion Romano vorgebrachten Argumente, weshalb ein Obligatorium kein geeigneter Lösungsansatz ist, kurz zusammen:
- Die bestehende Lösung funktioniert: Insgesamt sind unseren Schätzungen zufolge über 80% der Arbeitnehmenden von einem Lohnfortzahlungsschutz via die kollektive Krankentaggeldversicherung nach VVG gedeckt. Bei den verbleibenden 20% sind individuelle, betriebliche Lösungen weit verbreitet. Ein flächendeckendes Obligatorium ist deshalb kein zielgerichtetes Instrument, um einzelne Härtefälle einer Lösung zuzuführen.
- Die Gesundheitskosten steigen: Psychische Erkrankungen führen erfahrungsgemäss zu langen Absenzen am Arbeitsplatz und damit zu hohen Leistungen in der Krankentaggeldversicherung. Symptomatisch dafür sind die steigenden Prämien. Die Prämien in der Krankentaggeldversicherung müssen risikogerecht – das heisst, weder missbräuchlich hoch noch die Solvenz gefährdend tief – sein.
- Falsche Anreize: Ein Obligatorium bringt erfahrungsgemäss höhere Kosten mit sich – ohne die erhoffte Wirkung zu erzielen. Je nach Ausgestaltung des Systems dürfte ein Obligatorium zulasten von Unternehmen gehen, in denen Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz bereits heute eine grosse Bedeutung hat. Diese Unternehmen und insbesondere deren Arbeitnehmenden müssten mit höheren Prämien und damit einer Quersubventionierung zugunsten anderer Unternehmungen rechnen. Der Anreiz, Gesundheitsschutz zu betreiben, schwindet damit. Mit einer freiwilligen KTG-Versicherung können sich Arbeitgeber heute mit besonders gutem Gesundheitsschutz und einer grosszügigen Versicherungslösung vorteilhaft auf dem Arbeitsmarkt positionieren. Mit einem Obligatorium würde eine solche Differenzierungsmöglichkeit entfallen.
- Prävention als Lösungsansatz: Eine Verringerung der krankheitsbedingten Absenzen stellt die effektivste Massnahme dar, um hohe KTG-Prämien zu vermeiden. Auch die Versicherungsgesellschaften investieren grosse Summen in das Gesundheitsmanagement, unter anderem auch mit Prämienanreizen. Unser aller Bestreben muss es sein, die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung nachhaltig zu stärken. Eine Versicherung – ob obligatorisch oder freiwillig – ist lediglich Symptombekämpfung.
Beratungstermin: Montag, 27. Mai 2024, evtl. 6. Juni 2024
24.3465 Po. SGK-S. Handlungsoptionen bei der Krankentaggeldversicherung
Im Rahmen ihrer Sitzung vom 24. April 2024 hat die SGK-S einstimmig das Kommissionspostulat Handlungsoptionen bei der Krankentaggeldversicherung (24.3465) eingereicht.
Der SVV empfiehlt die Annahme des Postulates im Sinne einer ergebnisoffenen Prüfung von Handlungsoptionen. |
Ausgangslage
Mit dem Postulat wird der Bundesrat beauftragt, in einem Bericht die aktuellen Probleme und Lösungsmöglichkeiten für eine verbesserte Abdeckung der Lohnfortzahlungsrisiken im Bereich Krankheit für Arbeitgebende und Arbeitnehmende sowie Selbständige aufzuzeigen und diese hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile zu vergleichen. Auf Basis dieser Analyse wird die Kommission über die Mo. Romano. Obligatorium für eine Krankentaggeldversicherung (21.4209) entscheiden.
Beurteilung
Aus den im Kontext der Legislaturplanung auf den Seiten 4 und 5 genannten Gründen lehnen wir ein KTG-Obligatorium ab. Wir teilen jedoch das Anliegen «eine transparente Diskussion über die offenen Fragen und Lösungsansätze zu ermöglichen, welche sich im Rahmen der Motion Romano 21.4209 für ein Obligatorium der Krankentaggeldversicherung stellen». Mehr Daten und Fakten sind hilfreich, um die Situation besser zu verstehen und zielgerichtete Lösungen für die bestehenden Probleme zu finden. Eine datenbasierte und ergebnisoffene Analyse der Situation ermöglicht letztlich eine fundierte Entscheidung über die Motion Romano 21.4209.
Beratungstermin: Dienstag, 4. Juni 2024
24.3226 Mo. Hurni. Für nationale Zentren zur unabhängigen medizinischen Begutachtung
Die Motion 24.3226 wurde am 14. März 2024 im Ständerat eingereicht und vom Bundesrat am 15. Mai 2024 zur Ablehnung empfohlen.
Der SVV empfiehlt die Ablehnung der Motion. |
Ausgangslage
Die Versicherungsbranche fordert bei medizinischen Gutachten eine hohe Qualität. Auf den ersten Blick scheint das von der Motion verfolgte Anliegen, den Zugang zu unabhängigen medizinischen Begutachtungen zu vereinfachen, verlockend. Eine vertiefte Beurteilung verdeutlicht jedoch, dass die vorliegende Motion keine qualitative Verbesserung der Gutachtersituation, jedoch einen hohen administrativen Aufwand mit sich brächte. Sie ist weder geeignet noch nötig, um die von ihr angestrebten Ziele zu erreichen.
Begründung
Unschärfe in der Motion
Zunächst besteht aus Sicht des SVV eine Divergenz zwischen den im Titel/eingereichten Text sowie den in der Begründung aufgeführten Zielen: Gemäss Titel und eingereichtem Text wird die Einrichtung von «Zentren zur unabhängigen medizinischen Begutachtung» verlangt. In der Begründung wird hingegen «ein unabhängiges Zentrum für medizinische Begutachtung für Fälle» verlangt, «in denen ein Gutachten in Frage gestellt werden soll oder in denen sich die Parteien nicht auf eine Expertin oder einen Experten einigen können.» Einleitend wäre zu klären, was denn konkret gefordert wird. Wir halten die Motion für beide Ziele als ungeeignet bzw. unnötig.
Zweifel an der Umsetzbarkeit
Zentren zur medizinischen Begutachtung, die sämtliche Fachrichtungen auf der Basis unterschiedlicher Rechtsgrundlagen (Sozialversicherungsrecht, Versicherungsvertragsrecht, Obligationenrecht und Haftungsgesetze) mit einer hohen Professionalität abdecken, halten wir für nicht umsetzbar. Dies einerseits aufgrund der schieren Masse an Gutachten und andererseits aufgrund der unterschiedlichen auf die Gutachten anwendbaren Verfahrens- und Beweisbestimmungen.
Für nicht dem Sozialversicherungsrecht unterstehende Begutachtungen ist die Schaffung eines derartigen Zentrums ungeeignet. Zu unterschiedlich sind die Rechtsgebiete und die auf die Gutachten anwendbaren beweis- und verfahrensrechtlichen Bestimmungen. Zudem haben die Parteien in diesen Fällen die Möglichkeit, sich einvernehmlich auf Schiedsgutachten oder zur Streitbeilegung im Rahmen eines Schiedsverfahrens zu einigen. Und letztlich haben einseitig veranlasste Gutachten in zivilrechtlichen Sachverhalten einen geringeren Beweiswert vor Gericht. Die Rechtsprechung hat dazu geführt, dass sich die Parteien hinsichtlich Wahl der Sachverständigenstelle und der Fragestellungen in der Regel einigen. Letztlich können Gutachten zudem immer auch gerichtlich überprüft werden.
Angesichts des Fachkräftemangels im Allgemeinen und des Mangels an Gutachtern im Speziellen (vgl. dazu auch Begründung des Bundesrates) stellt sich die Frage, wie die Zentren ihre Gutachterstellen mit fachlich qualifizierten Fachkräften besetzen könnten bzw. was geschähe, wenn für eine Fachrichtung keine Sachverständigen vorhanden oder diese überlastet sind.
Finanzielle Vorteile sind nicht zu erwarten
Der Motionär zweifelt die Unabhängigkeit der Gutachterstellen aufgrund der aktuellen Finanzierung durch die Versicherer an. Als Lösungsansatz schlägt er eine Finanzierung nach dem «Vorbild der Ombudsstellen» durch die Versicherungsbranche vor. Bezahler blieben jedoch auch in dieser Konstellation der Versicherer. So vermag der Lösungsvorschlag das vom Motionär verortete Problem nicht zu lösen.
Qualität der Gutachten als Kernelement
Auch in wie auch immer neu ausgestalteten Gutachterzentren bzw. in einem entsprechenden neuen Zentrum ist die Qualität der Gutachten massgebend. Dieses hängt in erster Linie von der Ausbildung und Expertise der einzelnen Sachverständigen ab. Darauf ist das Hauptaugenmerk zu richten – und darauf zielt das bestehende System bereits ab.
Beratungstermin: Dienstag, 4. Juni 2024
24.3208 Mo. Burkart. Vermeiden von Standortschäden. Anpassung des Versicherungsaufsichtsrechts zur Vermittlung von Rückversicherungen
Die Motion 24.3208 wurde am 14. März 2024 im Ständerat eingereicht und vom Bundesrat am 1. Mai 2024 zur Annahme empfohlen.
Der SVV empfiehlt die Annahme der Motion. |
Ausgangslage
Mit der Motion 24.3208 wird der Bundesrat beauftragt, dem Parlament eine Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) zu unterbreiten. Diese hat das Ziel, Rückversicherungsunternehmen von der Anwendung der im revidierten VAG vorgesehenen Bestimmungen der Vermittleraufsicht sowie der entsprechenden Strafbestimmung auszunehmen.
Begründung
Konkret geht es um das im Rahmen der VAG-Revision in Art. 44 Abs. 2 eingeführte – strafbedrohte – Verbot für (Rück-)Versicherungsunternehmen, mit nicht-registrierten (Rück-)Versicherungsvermittlern zusammenzuarbeiten. Die Anwendung dieses Verbots auf den Bereich der Rückversicherung entspricht nicht der Intention des VAG (bzw. den Leitlinien der kürzlich ergangenen VAG-Revision) und schwächt die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Rückversicherungsunternehmen sowie den Rückversicherungsstandort Schweiz.
Bei der Formulierung des neuen Versicherungsaufsichtsrechts waren ein konsequent am Kundenschutzbedürfnis ausgerichtetes Regulierungs- und Aufsichtskonzept sowie die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Schweiz erklärtes Ziel des Gesetzgebers.
Bei der Rückversicherung handelt es sich um ein business-to-business-Geschäft zwischen Erstversicherungsunternehmen und Rückversicherungsunternehmen. Es sind also beides professionelle und kompetente Vertragspartner, deren Kerngeschäft der Abschluss von Versicherungsverträgen ist. Die Erstversicherungsunternehmen als Kunden der Rückversicherungsunternehmen betreiben ein eigenes Risikomanagement, besitzen eigene Rechtsabteilungen und haben somit ein deutlich geringeres Schutzbedürfnis als Privatpersonen und KMU. Dies wird auch vom Gesetzgeber anerkannt und ist z.B. in Art. 35 VAG sowie in der Ausnahme von Rückversicherungsverträgen vom Versicherungsvertragsgesetz VVG (Art. 101) reflektiert. Im Gegensatz zu anderen Teilen des Versicherungsaufsichtsrechts wurde eine Differenzierung gemäss dem Kundenschutz-bedürfnis im Bereich der Vermittleraufsicht im VAG nicht vorgenommen, womit die oben erwähnten Ziele der Revision nicht umgesetzt wurden.
Die Rückversicherung ist im Gegensatz zur Erstversicherung geschäftsmodellbedingt stark international ausgerichtet. Erstversicherungsunternehmen mit Sitz in der Schweiz greifen zur Platzierung ihrer Rückversicherungsdeckungen auch auf Rückversicherungskapazität aus dem Ausland zurück und nehmen die Dienste von spezialisierten Rückversicherungsbrokern im Ausland in Anspruch. Das Verbot gemäss Art. 44 Abs. 2 VAG hat zur Folge, dass Schweizer Rückversicherungsunternehmen Rückversicherungsdeckungen von Schweizer Erstversicherungsunternehmen, für deren Platzierung ausländische Broker beauftragt werden, seit Inkrafttreten des revidierten Versicherungsaufsichtsrechts am 1. Januar 2024 nicht mehr zeichnen dürfen, sofern die ausländischen Broker sich nicht in der Schweiz registrieren und der Aufsicht der FINMA unterstellen. Damit entsteht ein erheblicher, unnötiger und hausgemachter Wettbewerbsnachteil für Schweizer Rückversicherungsunternehmen: Ausländische Rückversicherungsunternehmen (und Schweizer Zweigniederlassungen von ausländischen Rückversicherungsunternehmen) unterstehen für die Tätigkeit in der Schweiz nämlich nicht der Aufsicht nach Schweizer VAG und damit auch nicht dem Verbot gemäss Art. 44 Abs. 2 VAG. Das heisst, sie dürfen das Geschäft im Gegensatz zu Schweizer Rückversicherungsunternehmen weiterhin annehmen, auch wenn die Rückversicherungsbroker in der Schweiz nicht registriert sind. Dem SVV liegen konkrete Rückmeldungen aus dem Markt vor, die zeigen, dass sich die Gefahren für den Rückversicherungsstandort Schweiz materialisieren und Geschäft ins Ausland abwandert – mit allen negativen Auswirkungen auf Wertschöpfung, Steuern und Arbeitsplätze.
Mit der von der Motion vorgeschlagenen Anpassung können diese Nachteile zielgerichtet behoben und weiterer Schaden für den Rückversicherungsstandort Schweiz abgewendet werden.
Beratungstermin: Donnerstag, 6. Juni 2024
Nationalrat
23.4041 Mo. (Kuprecht) Friedli. Sozialversicherung. Umfassende und einheitliche Rechtsgrundlage für das elektronische Verfahren schaffen (eATSG)
Im Rahmen ihrer Sitzung vom 2. Mai 2024 beantragt die SGK-N mit 16 zu 8 Stimmen, die Mo. (Kuprecht) Friedli in einer geänderten Fassung anzunehmen.
Der SVV empfiehlt die Annahme der Motion in ihrer geänderten Fassung (=gem. Mehrheit SGK-N). |
Ausgangslage
Mit der gemäss Mehrheit der SGK-N angepassten Motion soll eine umfassende und kohärente Rechtsgrundlage für die elektronische Kommunikation geschaffen werden. Die Änderung habe zudem die Interessen aller Sozialversicherungen zu berücksichtigen, die Interoperabilität der Systeme zu gewährleisten und in Einklang mit bestehenden digitalen Verfahren zu stehen. Die Mehrheit will damit die Einführung einer Plattform für die Sozialversicherungen ermöglichen und die verschiedenen Elemente der Vorschläge eATSG und BISS besser aufeinander abstimmen.
Beurteilung
Der SVV begrüsst grundsätzlich Bestrebungen, die Digitalisierung im Bereich der Sozialversicherungen voranzutreiben. Um eine effiziente und nutzenstiftende Lösung für alle Sozialversicherungen umzusetzen, ist ein koordiniertes und mit allen Akteuren abgestimmtes Vorgehen zu wählen. Derzeit werden jedoch zwei Ansätze parallel vorangetrieben, mit dem Ziel, die Sozialversicherungen zu digitalisieren: Einerseits der in diesem Vorstoss ursprünglich vorgeschlagene Lösungsansatz, andererseits das neue Bundesgesetz über Informationssysteme in den Sozialversicherungen (BISS), das bis am 19. April 2024 in Vernehmlassung war und die Digitalisierung in der ersten Säule vorantreiben will. Es bedarf aus unserer Sicht zwingend einer Abstimmung der beiden Vorlagen und der Harmonisierung mit weiteren Digitalisierungsvorlagen des Bundes, so etwa dem Bundesgesetz über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ).
Mit der von der Kommission vorgeschlagenen Änderung des Textes kann dieses Ziel erreicht werden. Deshalb empfehlen wir Ihnen die Annahme der Motion in ihrer geänderten Fassung.
Beratungstermin: Parlamentarische Initiativen 1. Phase
Parlamentarische Initiativen 1. Phase
23.415 Pa. Iv. Hurni. Für eine leichtere Anerkennung stressbedingter Krankheiten als Berufskrankheiten
Im Rahmen ihrer Sitzung vom 2./3. Mai 2024 beantragt die SGK-N mit 16 zu 8 Stimmen, der Pa.Iv. 23.415 keine Folge zu geben.
Der SVV empfiehlt, der Pa.Iv. 23.415 keine Folge zu geben. |
Beurteilung
Der Gesetzgeber hat für die Anerkennung von Berufskrankheiten klare Rahmenbedingungen geschaffen. Diese sind in das Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG) eingebettet.
Als Berufskrankheiten gelten gemäss Art. 9 Abs. 1 UVG Krankheiten, die bei der beruflichen Tätigkeit ausschliesslich oder vorwiegend durch schädigende Stoffe oder bestimmte Arbeiten verursacht worden sind. Die entsprechende Liste ist in der Verordnung über die Unfallversicherung (UVV) im Anhang 1 publiziert. Eine vorwiegende Verursachung wird dann angenommen, wenn der berufliche Anteil der Verursachung eines Krankheitsbildes über 50% beträgt.
Als Berufskrankheiten können nach der Generalklausel gemäss Art. 9 Abs. 2 UVG auch weitere, nicht in der Liste aufgeführte Krankheiten anerkannt werden. Dazu muss nachgewiesen werden, dass sie ausschliesslich oder stark überwiegend durch die berufliche Tätigkeit verursacht worden sind. Eine stark überwiegende Verursachung wird bei diesen weiteren Krankheiten dann angenommen, wenn der berufliche Anteil der Verursachung eines Krankheitsbildes über 75% beträgt.
Auf Basis dieser bestehenden Grundlagen können bereits heute sämtliche Krankheiten als Berufskrankheiten anerkannt werden. Es gelten lediglich strengere Anforderungen an den Kausalzusammenhang. Würde der Begriff «stark» gestrichen, würde dies zu einer vereinfachten Anerkennung sämtlicher (nicht nur stressbedingter!) Krankheiten als Berufskrankheiten führen. Für die Anerkennung einer Krankheit als Berufskrankheit würde somit ausreichen, dass diese zu mehr als 50% durch die berufliche Tätigkeit verursacht worden ist. Das Resultat einer solchen Anpassung wäre eine massive Erhöhung der Prämien in der Berufsunfallversicherung.
Zusätzlich käme es zu einer Verschiebung der Kostenträger: Neu müssten die Arbeitgeber die alleinigen Kosten tragen, obwohl stressbedingte Krankheiten stets auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sind. So können auch arbeitsfremde Faktoren wie bspw. familiäre oder finanzielle Umstände eine Rolle spielen.
Meldungen von Berufskrankheiten werden zudem immer im Einzelfall geprüft.
Beratungstermin: Parlamentarische Initiativen 1. Phase
Parlamentarische Vorstösse in Kategorie IV
24.3154 Po. Gutjahr. Absenzen am Arbeitsplatz. Sozialpartnerschaftlich Transparenz herstellen und zielgerichtete Massnahmen entwickeln
Das Postulat 24.3154 wurde am 13. März 2024 im Nationalrat eingereicht.
Der SVV empfiehlt die Annahme des Postulates. |
Ausgangslage
Mit dem Postulat wird der Bundesrat beauftragt, unter Einbindung der Sozialpartner, der Krankentaggeldversicherer und weiteren Beteiligten einen Bericht zu verfassen, der Transparenz zu Absenzen und Krankschreibungen am Arbeitsplatz sowie zur Versicherungsabdeckung und zur Prämienentwicklung im Bereich Krankentaggeld herstellt. Es sollen zudem gemeinsam mit allen Beteiligten erarbeitete und geprüfte Massnahmen präsentiert werden, wie Absenzen und Krankschreibungen am Arbeitsplatz verringert werden können.
Beurteilung
Die Einführung eines KTG-Obligatoriums wäre aus unserer Sicht Symptombekämpfung und vernachlässigt das Grundproblem der steigenden Gesundheitskosten und der Absenzen aufgrund von psychischen Erkrankungen (siehe Argumentation im Kontext der Legislaturplanung auf S. 4 und 5).
Das Postulat 24.3154 ermöglicht demgegenüber die Schaffung der erforderlichen Grundlagen, um das Problem von Langzeitabsenzen am Arbeitsplatz an der Wurzel zu packen, indem es die verschiedenen Sozialpartner zur Lösungsfindung an einen Tisch bringen will. Wir erachten den Ansatz des Einbezugs der Sozialpartner als zielführend, um sowohl mehr Klarheit über die aktuelle Situation zu erreichen als auch Lösungsansätze zu identifizieren. Auf diese Weise kann das Parlament in fundierter Kenntnis der Situation über mögliche zielgerichtete Lösungen entscheiden.
Beratungstermin: Parlamentarische Vorstösse Kategorie IV