In­fla­ti­on: ein zwei­schnei­di­ges Schwert für Ver­si­che­rer

Fokus

Inflation und steigende Zinsen stellen die Versicherungswirtschaft vor Herausforderungen. Mit der richtigen Strategie und einem guten Risikomanagement eröffnen sich auf der Anlageseite aber auch Chancen. 

Nach einer Phase hoher Inflation und steigender Zinsen ist die Teuerung in der Schweiz mittlerweile wieder auf ein tiefes Niveau gesunken. Während dies die Schadenkosten stabilisieren kann, ist mit sinkenden Kapitalerträgen zu rechnen. 

Nach Jahren rekordtiefer Inflation war die Schweiz vom ersten Quartal 2022 bis zum zweiten Quartal 2023 von deutlich steigenden Preisen betroffen. Die Inflation war zwar mit teilweise über 3 Prozent im internationalen Vergleich noch immer tief, lag aber dennoch deutlich über dem Zielband von 0 bis 2 Prozent, das die Schweizerische Nationalbank (SNB) mit Preisstabilität gleichsetzt. Zentralbanken wie auch die Schweizerische Nationalbank begegneten der Inflation mit Erhöhungen der Leitzinssätze. Seit dem dritten Quartal 2023 liegt die Inflation wieder unter 2 Prozent und seit Herbst 2024 bereits wieder unter 1 Prozent.

Insbesondere für die Schadenversicherer haben die gestiegenen Preise unmittelbare Folgen: Die Teuerung lässt die Schadensummen höher ausfallen als ursprünglich berechnet. Entsprechend müssen zusätzliche Rückstellungen gebildet werden, um diesem Risiko zu begegnen.

Kostensteigerungen nur langsam weitergegeben

Gleichzeitig können die Versicherer die gestiegenen Ausgaben nicht unmittelbar auf der Einnahmenseite ausgleichen, da die Prämien nur mit Verzögerung angepasst werden können. Zudem besteht in vielen Sparten ein intensiver Wettbewerb. Kostensteigerungen können nicht ohne Folgen an die Kundinnen und Kunden weitergegeben werden. Der Wettbewerb zwischen den verschiedenen Anbietern hat dazu geführt, dass die Prämien für Sachversicherungen in den letzten Jahren tendenziell gesunken sind. Versicherungsprodukte kosteten gemäss Landesindex der Konsumentenpreise 2024 durchschnittlich 8,9 Prozent weniger als vor zehn Jahren.

Exemplarisch für diese Entwicklung sind die Motorfahrzeugversicherungen, die im Vergleich zu 2014 um 17 Prozent gesunken sind. Über denselben Zeitraum stiegen die Preise für Fahrzeugersatzteile und Zubehör um 5,9 Prozent. Der Ersatz von Einrichtungsgegenständen und Bodenbelägen kostete im Jahr 2024 5,6 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Die Versicherer bekommen die Inflation also direkt zu spüren, wenn der Garagist wegen eines teureren Ersatzteils eine höhere Rechnung stellt oder wenn der Ersatz eines Fensters nach einem starken Gewitter teurer wird.

Angesichts gestiegener Schadenkosten wird derzeit mit steigenden Prämien gerechnet. Der intensive Wettbewerb setzt Prämiensteigerungen aber klare Grenzen. Die Versicherer müssen sich daher über differenzierte Produkte und Services von ihren Mitbewerbern abheben.

Normalisierung der Zinsen ein positives Zeichen

Nach einer langen Tiefzinsphase war die Rückkehr zu einem moderaten Zinsniveau, das weder zu hoch noch zu tief ist, eine gute Nachricht. Dank der höheren Zinsen hat Geld endlich wieder einen Preis. Dies führt zu einer effizi-enteren Kapitalallokation und verbessert die Ertragsaus-sichten auf der Anlageseite.

Sollten Inflation und Zinsen erneut stark sinken, könnte dies die Möglichkeiten der Versicherer einschränken, attraktive Garantiezinsen zu bieten. Dies könnte wiederum die Nachfrage nach klassischen Lebensversicherungsprodukten dämpfen.

Solvenzquote als Beweis für Resilienz

Auch für die Anlagetätigkeit der Versicherer würde eine erneute anhaltende Tiefzinsphase eine Herausforderung darstellen. Die Schweizerische Privatassekuranz verfügt jedoch über eine starke Kapitalbasis und risikoadäquate Anlagestrategien. So liegt die Solvenzquote mit durch-schnittlich 254 Prozent deutlich über den gesetzlich geforderten 100 Prozent.