Risiken und Klimawandel
Die Menschen in der Schweiz betrachten den Klimawandel als grosses Risiko. Allerdings wird er vor allem als globale Gefahr eingeschätzt. In der Schweiz wird vor allem die Landwirtschaft als gefährdet eingestuft.
Kapitel
Klimawandel
Das Klima hat sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert. Starke Unwetter, Hochwasser und Hitzetage werden häufiger, die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt nehmen zu. Ist die Schweizer Bevölkerung der Meinung, dass sie von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sein könnte? Oder sieht sie diesen eher als globales Phänomen, das für die Schweiz und sie persönlich kaum negative Effekte hat?
Gestützt auf die Umfrageergebnisse ist es für die Schweizer Bevölkerung unbestritten, dass die klimatischen Veränderungen globale Risiken mit sich bringen (Abb. 27): 80 Prozent der Befragten stufen die Risiken des Klimawandels als gross ein, 12 Prozent gehen von einem mittleren Risikopotential aus. Auch die Ansicht, dass durch die Veränderungen des Klimas für die Schweiz oder einen selbst ein grosses Risiko besteht, ist verbreitet: Für mehr als die Hälfte der Bevölkerung birgt der Klimawandel für die Schweiz grosse Risiken. 47 Prozent der Schweizer Bevölkerung schätzen das persönliche Risiko, von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen zu sein, als hoch ein. Allerdings geht jede fünfte Person davon aus, dass die Risiken des Klimawandels für die Schweiz gering sind. Etwas mehr als jede vierte Person erwartet, dass die Risiken des Klimawandels für sie selbst gering sind.
Abbildung 28 zeigt, wie die Einschätzung des durch den Klimawandel verursachten Risikos zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen divergiert. Die horizontale Achse zeigt, wie die Risiken auf der globalen Ebene, die vertikale Achse, wie die Risiken auf persönlicher Ebene eingeschätzt werden. Junge Erwachsene bewerten die globalen Risiken des Klimawandels im Vergleich zur Gesamtbevölkerung zwar höher ein, die Auswirkungen auf sie persönlich sehen sie aber weniger dramatisch. Über 65-Jährige schätzen die globalen Risiken tiefer ein als die Gesamtbevölkerung. Auch nach Sprachregion zeigen sich Unterschiede: Im Vergleich zur Bevölkerung aus der Deutschschweiz bewerten Personen aus der französischsprachigen Schweiz die Risiken des Klimawandels sowohl global als auch persönlich höher. Am deutlichsten divergiert allerdings die Risikoeinschätzung des Klimawandels nach politischer Orientierung: Personen, die sich auf dem politischen Spektrum rechts einordnen, schätzen das Risikopotenzial des Klimawandels deutlich geringer ein als politisch links orientierte Personen.
Abbildung 28: Risikoeinschätzung des Klimawandel – nach Einflussraum und Merkmalen
«Wie schätzen Sie die Risiken des Klimawandels für Sie persönlich / global ein?» Antwort: «Gross» / «Sehr gross». Die Grösse der Kreise gibt die prozentuale Grösse der Bevölkerungsgrösse wieder.
Wie Abbildung 27 zeigt, sind knapp vier von fünf Personen der Ansicht, dass die Veränderung des Klimas für die Schweiz mittlere bis sehr grosse Risiken mit sich bringt. Abbildung 29 zeigt, wo diese Risiken konkret verortet werden. Nach Einschätzung der Bevölkerung wirkt sich der Klimawandel vor allem auf die landwirtschaftliche Nutzung aus: Knapp vier Fünftel sehen den landwirtschaftlichen Anbau gefährdet, 60 Prozent die heimische Vegetation und Artenvielfalt. Für eine Mehrheit der Befragten stellt der Klimawandel aber auch unmittelbar für den Menschen ein bedeutendes Risiko dar: 62 Prozent sehen die grössten Risiken des Klimawandels im Bereich der Personen- und Sachschäden, 53 Prozent erachten die allgemeine Gesundheits- und Lebensqualität für gefährdet. Allerdings sind auch 18 Prozent der Ansicht, dass durch die klimatischen Veränderungen für diesen Bereich keine Risiken entstehen. Ähnlich viele sind der Meinung, dass für die Schweiz durch klimabedingte Migration kein Risiko besteht (22 Prozent). Für 43 Prozent der Bevölkerung stellt dagegen eine durch den Klimawandel verursachte Migration für die Schweiz ein bedeutendes Risiko dar. In der Bevölkerung überwiegt schliesslich die Meinung, dass der Klimawandel für die Wirtschaft und den Wohlstand kein Risiko darstellt (34 Prozent), für 27 Prozent sind diese Bereiche durch den Klimawandel gefährdet.
Abbildung 29: Risikobereiche für die Schweiz aufgrund des Klimawandels
Hohe Risiken für die Schweiz: «In welchen Bereichen sehen Sie aufgrund des Klimawandels für die Schweiz die grössten Risiken?»
Keine Risiken für die Schweiz: «Und in welchen Bereichen sehen Sie aufgrund des Klimawandels keine besonderen Risiken für die Schweiz?»
Abbildung 30 zeigt die Differenz zwischen dem Anteil der Personen, die infolge des Klimawandels für den jeweiligen Bereich Risiken sehen, und solchen, die den Bereich für nicht gefährdet erachten. Ein positiver Wert verweist damit auf ein hohes, ein negativer auf ein geringes Risikopotenzial. Die Abbildung macht deutlich, dass die Risiken aufgrund des Klimawandels nach Ansicht von Personen, die politisch links stehen, in fast allen erfragten Bereichen am höchsten bewertet werden. Ausnahme bildet die klimabedingte Migration, die vor allem von politisch rechts stehenden Befragten als Risiko gesehen wird. Dieser Bereich wird aber insgesamt als weniger problematisch betrachtet.
Auswirkungen von Klimaschutzmassnahmen
Rund die Hälfte der Bevölkerung geht davon aus, dass die Veränderung des Klimas ein hohes Risiko für die Schweiz darstellt (vgl. Abb. 27).Werden Massnahmen zum Schutz des Klimas ergriffen, könnten sich diese allerdings nachteilig auf andere Lebensbereiche auswirken. In der Tat rechnet ein Grossteil der Bevölkerung damit, dass Massnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels negative Auswirkungen auf andere Bereiche haben werden: Nur knapp jede fünfte Person sieht keinen Bereich, der von den Massnahmen zur Bekämpfung betroffen wäre (Abb. 31).
Am meisten befürchtet die Bevölkerung, dass sich die Massnahmen zum Schutz des Klimas negativ auf den Lebensstandard (61 Prozent) oder auf die Wirtschaft (44 Prozent) auswirken. 40 Prozent erwarten, dass die Massnahmen die Weiterführung des eigenen Lebensstils bedrohen könnten. Am wenigsten verbreitet ist die Befürchtung, dass die Massnahmen den sozialen Zusammenhalt gefährden könnten (29 Prozent).
Personen, die politisch rechts stehen, sehen eher die negativen Auswirkungen von allfälligen Klimaschutzmassnahmen als des Klimawandels selbst (Abb. 32). Dagegen stehen für links orientierte Personen die Folgen des Klimawandels im Vordergrund.
Abbildung 32: Erwartete negative Auswirkungen des Klimawandels und der Klimaschutzmassnahmen – nach Alter und politischer Orientierung
Risiken des Klimawandels: «In welchen Bereichen sehen Sie aufgrund des Klimawandels für die Schweiz die grössten Risiken?»
Auswirkungen Schutzmassnahmen: «Regulatorische Massnahmen zum Klimaschutz können sich auf andere Bereiche negativ auswirken. In welchen Bereichen sehen Sie negative Auswirkungen für die Schweiz aufgrund von Klimaschutzmassnahmen?», standardisierte Differenz
Hingegen ist das Alter einer Person nicht entscheidend, ob sie eher die direkten Folgen des Klimawandels oder die Auswirkungen der Schutzmassnahmen befürchtet. Je nach Alter sehen die Befragten aber unterschiedliche Bereiche betroffen: Junge Erwachsene befürchten häufiger direkt eine Gefährdung der heimischen Vegetation und Artenvielfalt und indirekt negative Folgen der Schutzmassnahmen auf den Lebensstil und die Lebensfreude. Personen im Rentenalter sehen vermehrt den Lebensstandard bedroht, wenn Massnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels ergriffen werden, und befürchten als direkte Folge des Klimawandels häufiger eine Zunahme der Migration.
Nachhaltige Kapitalanlage
Im Juni dieses Jahres publizierte der Bundesrat seine Leitlinien zur Nachhaltigkeit im Finanzsektor.5 Wie steht die Bevölkerung zur Nachhaltigkeit von Kapitalanlagen? Für die Schweizer Bevölkerung ist eine Anlage vor allem nachhaltig, wenn sie Sozialstandards sowie Umwelt- und Klimastandards berücksichtigt (Abb. 33): Für mehr als vier Fünftel der Bevölkerung bedeutet Nachhaltigkeit bei Kapitalanlagen, dass dabei soziale Standards wie sichere Arbeitsbedingungen beachtet werden. 69 Prozent verstehen darunter die Einhaltung von Umwelt- und Klimastandards. Weniger als jede zweite Person denkt dagegen an gute Unternehmensführung wie Aktionärsrechteschutz und Korruptionsbekämpfung (46 Prozent). Für 32 Prozent der Bevölkerung müssen alle drei Kriterien erfüllt sein, damit eine Kapitalanlage als nachhaltig gilt (in der Abbildung nicht ersichtlich).
Abbildung 33: Anforderungen an nachhaltige Anlagestrategien
Für Frauen beinhaltet eine nachhaltige Kapitalanlage eher Sozialstandards sowie Umwelt- und Klimastandards (79 bzw. 75 Prozent) als für Männer (72 bzw. 64 Prozent, Abb. 34). Diese nennen dagegen häufiger die gute Unternehmensführung als relevantes Kriterium für eine nachhaltige Kapitalanlage (52 Prozent) als Frauen (41 Prozent).
Die Ansicht der Bevölkerung, was unter einer nachhaltigen Kapitalanlage zu verstehen ist, divergiert deutlich nach politischer Einstellung (Abb. 35): Während die politische Orientierung bei der Beurteilung der Unternehmensführung als Nachhaltigkeitskriterium kaum eine Rolle spielt, setzen vor allem politisch links orientiere Personen Sozialstandards sowie Umwelt- und Klimastandards deutlich häufiger voraus, damit eine Anlage als nachhaltig gilt (90 Prozent bzw. 89 Prozent), als politisch rechts Orientierte (46 Prozent bzw. 38 Prozent).
Zwischen der Nachhaltigkeit einer Kapitalanlage und der Rendite kann ein Zielkonflikt bestehen. Sollen Pensionskassen und Versicherungen nach Ansicht der Bevölkerung auf nachhaltige Kapitalanlagen setzen, auch wenn sich dadurch der finanzielle Gewinn schmälert? Für rund einen Viertel der Bevölkerung hat die Nachhaltigkeit einer Anlage vor deren Rendite Priorität (Abb. 36).
Abbildung 36: Nachhaltigkeit von Kapitalanlagen und Rendite – nach Merkmalen
«Sollen Pensionskassen und Versicherungen ihr Kapital nachhaltig anlegen, auch wenn sich dadurch die Rendite schmälert?»
Weitere 46 Prozent der Bevölkerung sind der Ansicht, dass zumindest teilweise die Nachhaltigkeit wichtiger sein soll als die Rendite. Für jede fünfte Person soll der Fokus einer Kapitalanlage dagegen auf der Rendite liegen. Zu ähnlichen Anteilen ist diese Haltung auch bei den Frauen und Männern sowie unter den verschiedenen Altersgruppen zu finden. Deutlich unterschiedlich priorisieren dagegen Personen des linken und des rechten politischen Spektrums: Für 59 Prozent der politisch links Orientierten soll die Nachhaltigkeit vor der Rendite stehen. Zwar erachten auch 44 Prozent der politisch rechts Orientierten die Nachhaltigkeit einer Anlage zumindest teilweise für wichtig. 43 Prozent gewichten jedoch die Rendite stärker. Je breiter eine Person Nachhaltigkeit definiert, desto stärker priorisiert sie die Nachhaltigkeit einer Kapitalanlage gegenüber der Rendite (Abb. 37). Dabei stellen vor allem jene Personen die Nachhaltigkeit vor die Rendite, für die eine Kapitalanlage als nachhaltig gilt, wenn sie Sozialstandards oder Umwelt- und Klimastandards erfüllt (33 bzw. 31 Prozent). Personen, die gute Unternehmensführung als Nachhaltigkeitskriterium verstehen, unterscheiden sich dagegen in der Gewichtung von Nachhaltigkeit und Rendite vergleichsweise wenig von jenen, für die die Unternehmensführung nicht als Nachhaltigkeitsaspekt zählt.
Abbildung 37: Nachhaltigkeit von Kapitalanalgen und Rendite – nach Nachhaltigkeitskriterien
«Sollen Pensionskassen und Versicherungen ihr Kapital nachhaltig anlegen, auch wenn sich dadurch die Rendite
schmälert?»
Versicherungsschutz in Gefahrengebieten
Mit der Veränderung des Klimas werden Überschwemmungen, Hochwasser oder heftige Unwetter häufiger. Die Bundesgesetze über den Wasserbau und den Wald verpflichten die Kantone, Gefahrenkarten für Hochwasser, Lawinen etc. zu erstellen und diese in der Richt- und Nutzungsplanung sowie bei allen raumwirksamen Tätigkeiten zu berücksichtigen.6 Wie soll nach Ansicht der Bevölkerung bei Neubauten oder bei Eigentumserwerb in Gefahrengebieten verfahren werden?
60 Prozent der Bevölkerung sind der Ansicht, dass wer in Gebieten mit erhöhtem Naturgefahrenrisiko baut oder renoviert, die Risiken selbst zu tragen hat und deshalb keinen Versicherungsschutz erhalten soll (Abb. 38). Allerdings lässt sich für eine solche Massnahme nicht über alle Bevölkerungsgruppen eine Mehrheit finden: Während vier Fünftel der Bevölkerung im Rentenalter eine solche Massnahme befürwortet, lässt sich bei den 18- bis 44-Jährigen keine Mehrheit finden (40 Prozent).
Abbildung 38: Eingeschränkter Versicherungsschutz bei Gebäuden in Gefahrengebieten
Bei Neubau: «Wer in Gebieten mit erhöhten Naturgefahren neu baut oder renoviert, soll die Risiken selber tragen und deshalb keinen Versicherungsschutz erhalten.»
Bei Eigentumserwerb: «Wer Eigentum erwirbt, das in einem Gebiet mit erhöhten Naturgefahren liegt, soll kein Recht auf vollen Versicherungsschutz haben.»
Frauen befürworten einen Versicherungsausschluss von Neubauten in Gefahrengebieten weniger häufig (57 Prozent) als Männer (64 Prozent), Personen aus der Deutschschweiz leicht häufiger (59 Prozent) als Personen aus der französischsprachigen Schweiz (65 Prozent).
Haushalte, die Eigentum in einem Gebiet mit erhöhtem Naturgefahrenrisiko erwerben, sollen nach Ansicht von 55 Prozent der Bevölkerung keinen vollen Versicherungsschutz erhalten. Diese Ansicht ist dabei wiederum vor allem bei den Personen im Rentenalter stark vertreten (78 Prozent). 18- bis 44-Jährige sind hingegen stärker gegen als für eine solche Massnahme (61 Prozent bzw. 31 Prozent). Frauen sprechen sich geringfügig weniger oft für die Massnahme aus (53 Prozent) als Männer (58 Prozent). Dagegen unterscheiden sich Personen aus der deutschsprachigen und solche aus der französischsprachigen Schweiz nicht in der Haltung gegenüber einem reduzierten Versicherungsschutz (je 55 Prozent). Unabhängig von der politischen Ausrichtung spricht sich eine Mehrheit für einen Versicherungsausschluss von Neubauten in Gefahrengebieten aus (Abb. 39). Allerdings fällt auf, dass politisch rechts Orientierte vergleichsweise häufig dezidiert für eine solche Massnahme aussprechen (37 Prozent). Ausserdem sprechen sich
Personen weniger deutlich für einen Versicherungsausschluss bei Neubauten und Renovationen aus, wenn sie das Risiko des Klimawandels für sich persönlich für klein (56 Prozent) oder sehr klein (55 Prozent) erachten.
Zwischen der politischen Orientierung und der Haltung gegenüber einem verminderten Versicherungsschutz bei Eigentumserwerb in Gefahrengebieten zeigt sich kein eindeutiger Zusammenhang: Einerseits stimmen politisch links Orientierte der Massnahme leicht häufiger zu als Personen, die sich auf dem politischen Spektrum in der Mitte oder rechts davon verorten. Politisch rechts Orientierte sprechen sich allerdings vergleichsweise häufig klar für einen reduzierten Versicherungsschutz bei Eigentumserwerb in Gefahrengebieten aus (26 Prozent). Personen, die das Risiko des Klimawandels für sich selbst hoch einschätzen, sind vergleichsweise häufig für einen reduzierten Versicherungsschutz in Gefahrengebieten. Schliesslich nimmt die Befürwortung einer solchen Massnahme zu, je höher eine Person das Risiko des Klimawandels für sich selbst einschätzt.
Abbildung 39: Eingeschränkter Versicherungsschutz bei Gebäuden in Gefahrengebieten
Bei Neubau: «Wer in Gebieten mit erhöhten Naturgefahren neu baut oder renoviert, soll die Risiken selber tragen und deshalb keinen Versicherungsschutz erhalten.»
Bei Eigentumserwerb: «Wer Eigentum erwirbt, das in einem Gebiet mit erhöhten Naturgefahren liegt, soll kein Recht auf vollen Versicherungsschutz haben.»
SVV Sicherheitsmonitor 2020
-
Editorial
Weiterlesen
-
In Kürze
Weiterlesen
-
Einleitung
Weiterlesen
-
Sicherheit im Alltag
Weiterlesen
-
Vorsorge: Erwartungen und Verhalten
Weiterlesen
-
Herausforderung Altersvorsorge
Weiterlesen
-
Risiken und Klimawandel
Weiterlesen
-
Methodik
Weiterlesen