Wie Museen und Versicherungen zu Partnern wurden
Thomas Soraperra bringt es gleich zu Beginn auf den Punkt: Ohne Versicherungen gäbe es keine Museen, keine Leihgaben und folglich auch keine Ausstellungen. Als kaufmännischer Direktor des Kunstmuseums Bern weiss Soraperra ganz genau, wovon er spricht. Die Beziehung zwischen Museen und Versicherungen, sagt er, sei sehr vertrauensvoll. Getragen ist diese Partnerschaft von dem gemeinsamen Ziel, Kunst zu schützen und Kunst zu erhalten.
Das Kunstmuseum Bern schliesst seine Versicherungen über Makler ab. Diese Makler hätten oft einen kunsthistorischen Hintergrund, sagt Soraperra, und könnten das Portfolio den Bedürfnissen entsprechend fachgerecht zusammenstellen. Zu diesen Bedürfnissen gehört beileibe nicht nur der Schutz vor dem klassischen Kunstraub. Er kommt im echten Leben nur selten vor, weil einerseits das – mit den Versicherungen gemeinsam erstellte – Sicherheitsdispositiv abschreckt, und anderseits gestohlene Kunst für Diebe meistens wertlos ist. «Wenn einer Munchs ‹Schrei› stiehlt», sagt Soraperra, «kann er ihn nirgendwo zeigen.»
«Wenn einer Munchs ‹Schrei› stiehlt, kann er ihn nirgendwo zeigen.»
Höher ist das Risiko hingegen beim Transport und im Museum selbst. Hier kann es zu Beschädigungen durch das Publikum kommen, sei es fahrlässig oder mutwillig. Die Suppenattacken auf berühmte Kunstwerke durch Klimaaktivistinnen etwa hat man in Bern sehr genau analysiert – und man gibt sich einigermassen gelassen: Keinem der attackierten Bilder sei etwas passiert, sagt Soraperra. Zu gut sind sie durch Panzerglas geschützt. Das Sicherheitsdispositiv hilft also nicht nur gegen Diebe, sondern auch gegen Tomatensuppe.
Ausgestellte Kunstwerke: Die Absicherung im Hintergrund macht sie möglich.
Beim Transport von Kunst wiederum kann theoretisch viel passieren, was sich auch in den Kosten für die Transportversicherung spiegelt. Um dieses Schadensrisiko zu minimieren, setzt das Museum unter anderem auf spezialisierte Transportkuriere und «ArtHandler», deren Aufgabe darin besteht, die Objekte sachgerecht ein und auszupacken und nötigenfalls auf der gesamten Transportstrecke zu begleiten. Die meisten dieser Spezialisten seien selber Künstler, sagt Soraperra, und schon seit vielen Jahren im Geschäft. Jedes Kunstwerk, das auf Wanderschaft geht, erhält eine Art «Patientenakte», in der sein Zustand protokolliert wird. Werden Werke von sehr grossem Wert transportiert, kann es vorkommen, dass die Lastwagen halbleer unterwegs sind; zu gross wäre sonst der Verlust, wenn etwas Gravierendes vorfallen würde.
Zum Schutz von Kunstwerken gehören nicht nur sicherheitstechnische, sondern auch konservatorische Massnahmen, man denke etwa an Aquarelle, die sehr lichtempfindlich sind. Auch hier arbeiten Museen und Versicherungen Hand in Hand.
Zum Schutz von Kunstwerken gehören nicht nur sicherheitstechnische, sondern auch konservatorische Massnahmen, man denke etwa an Aquarelle, die sehr lichtempfindlich sind. Auch hier arbeiten Museen und Versicherungen Hand in Hand. Und nicht zuletzt äussert sich diese Partnerschaft auch in gemeinsamen Projekten; so diskret das Kerngeschäft der Kunstversicherer auch sein mag, als Ausstellungssponsoren treten sie oft in Erscheinung.
Thomas Soraperra, der vor seinem Engagement in Bern unter anderem in Wien tätig war, schätzt die auffallend dichte Museumslandschaft in der Schweiz und die hohe Qualität ihrer Bestände, deren Ursprung in der Sammeltätigkeit eines aufstrebenden Bürgertums liegt. Museen und Wirtschaft sind in der Schweiz seit je eng verwoben. Und das gilt auch und ganz besonders dann, wenn es um Kunstversicherungen geht.
«Art-Handler»
Das Risikomanagement lässt neue Berufe entstehen. ArtHandler begleiten Kunstwerke nötigenfalls auf der gesamten Transportstrecke.