Joachim Masur, CEO Zurich Schweiz
Medienkonferenz, 2. Februar 2017
Zürich
Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrte Damen und Herren
Solche Bilder erinnern einen immer wieder an das unsägliche Leid, das die betroffenen Menschen erleiden und sie erinnern an die grossen materiellen Schäden, die Naturkatastrophen anrichten. Denken wir an die unzähligen Überschwemmungen der vergangenen Jahre in der Schweiz in der Zentralschweiz, Romandie und auch dem Tessin. Innerhalb von Minuten wurden Quartierstrassen zu Sturzbächen. Aber auch in Deutschland, wo Elvira, Friederike und Gisela letztes Jahr Fluten entstehen liessen, die Autos mit sich rissen und Häuser einstürzen liessen. Dasselbe Tiefdruckgebiet forderte auch in Frankreich, Belgien und Rumänien Tote und Verletzte. Denken wir an den Hurrican Matthew, der mit über 200 Stundenkilometern ein Bild der Verwüstung in der Karibik, in Süd- und Mittelamerika sowie an der Ostküste der USA hinterliess – mit über 1000 Toten und Schäden in unbekannter Höhe. Die Liste liesse sich, leider, beliebig weiterführen.
Müssen wir davon ausgehen, dass die Klimaveränderung künftig zu mehr und noch heftigeren Katastrophen führt? Leider weisen viele Prognosen darauf hin. Auch die Gesundheit der Menschen ist von der Klimaerwärmung direkt betroffen: Extremtemperaturen führen zu Hitzestress oder zur Ausbreitung von Überträgern von Krankheiten wie der Tigermücke. Der neue Global Risk Report 2017, der im Vorfeld des Weltwirtschaftsforums in Davos veröffentlicht worden ist, bestätigt dies auch wieder klipp und klar: Der Klimawandel und die damit zunehmenden Umweltgefahren sind grösste Risiken für die globale Wirtschaft.
Damit sind wir Versicherer vom Klimawandel direkt betroffen. Deshalb – und auch weil zu einer nachhaltigen Geschäftspolitik wirtschaftliche, soziale und ökologische Ziele gehören – haben wir ein vitales Interesse daran, Umweltrisiken zu minimieren. Wir haben uns deshalb in einem Positionspapier zu Klima und Energie dazu verpflichtet, die Umwelt nachhaltig zu schützen und die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft in Richtung ökologischer Nachhaltigkeit zu fördern. Das ist sozusagen das klimapolitische Manifest unserer Branche.
Wir gehen dabei ziemlich weit, gerade auch im Vergleich mit anderen Branchen. Sie haben das Positionspapier vor sich. Ich erwähne deshalb hier nur einige wenige Punkte.
Für die Versicherungsbranche ist klar, dass sie ambitionierte klimapolitische Ziele unterstützt, das heisst insbesondere die Pariser Beschlüsse an der Klimakonferenz vom Dezember 2015 (COP 21) und das Ziel, den weltweiten Temperaturanstieg auf unter 2°C zu begrenzen. Zudem wollen wir unsere CO2-Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette (gegenüber 1990) bis 2030 um 50% und bis 2050 um 85% reduzieren, beziehungsweise im Jahr 2050 netto null emittieren. Da ist die ganze Schweizer Wirtschaft gefordert und wir als Versicherer werden auch unseren Beitrag leisten.
In den Bereichen «Mitigation» und «Adaptation» werden wir all unser Wissen einbringen. Zur Verminderung des Klimawandels optimieren wir unsere eigenen Gebäude und integrieren systematisch Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien in unsere Finanzanlagen. Viele Versicherer sind hier aktiv.
Wir von der Zurich zum Beispiel haben letztes Jahr den Zurich Naturgefahren-Radar der ganzen Schweiz zur Verfügung gestellt. Mit diesem können Hausbesitzer und Unternehmer mit wenigen Klicks prüfen, ob ihre Liegenschaften und Produktionsstätten durch Naturgefahren wie Hochwasser oder Murgang gefährdet sind. Denn vor allem in urbanen Gebieten werden die Risiken «Hochwasser» komplett unterschätzt. Insgesamt sind in der Schweiz ca. 20% der Siedlungsfläche und 1.8 Millionen Menschen gefährdet. Hier gilt es, in die breite Öffentlichkeit zu sensibilisieren.
Auch die Mobiliar ist bezüglich Naturgefahren aktiv. Seit 2006 hat sie in der Schweiz rund 30 Millionen Franken für Präventionsprojekte gesprochen zum Schutz vor Naturgefahren. Unterstützt hat die Mobiliar vor allem Projekte im Bereich Hochwasserschutz. Aber auch Lawinen- und Steinschlag-Verbauungen wurden ermöglicht.
Oder als anderes Beispiel die Helvetia, die mit der Schutzwaldinitiative in Deutschland, Österreich, Italien, Spanien, Frankreich und der Schweiz Wälder aufforstet und damit zur Prävention von Menschen, Infrastruktur und Verkehrswegen beiträgt. Bislang wurden 22 Schutzwaldvorhaben ermöglicht – und damit das Pflanzen von gut 280‘000 Bäumen.
Wir sind überzeugt, dass es zur Anpassung an den Klimawandel eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen staatlichen und privaten Organisationen sowie der Versicherungsindustrie braucht. Die Klimaveränderung eröffnet neue Perspektiven und forciert damit Innovationen, Technologieentwicklungen, Forschung, Wettbewerbsfähigkeit und Sensibilisierung. Das können wir nur gemeinsam angehen. Viele Schäden durch Klimaveränderung lassen sich mit Anpassungs-Massnahmen – wie adäquaten Bauvorschriften oder Sensibilisierungs-Kampagnen – verhindern. Hier werden wir mit unserem Wissen einen wichtigen Beitrag leisten. Wir müssen Risiko-Bewusstsein und Risiko-Management verkaufen in einer unsicheren Welt. Das fördert risikoadäquates Verhalten. Zielführende Produkte mit angemessenen Prämien können zusätzlich zur Prävention beitragen – ich nenne hier die tieferen Prämien, die für Hybrid- und Elektroautos anfallen. Mit neuen Versicherungslösungen und über eine entsprechende Anlagepolitik könnten wir Versicherer zudem Betreibern und Investoren die Planung und die Realisierung von Infrastrukturprojekten für die Energiezukunft erleichtern. Das bedeutet aber auch, dass dafür die regulatorischen Voraussetzungen geschaffen werden müssen.
Wir sind überzeugt, dass wirtschaftliche Anstrengungen, die dazu beitragen, die Energie- und Ressourceneffizienz zu verbessern und die Abhängigkeit von fossilen Energien und anderen begrenzten natürlichen Ressourcen reduzieren, eine direkt positive Wirkung auf die Wettbewerbsfähigkeit haben. Je früher wir uns als Volkswirtschaft in diese Richtung positionieren, desto grösser sind unsere wirtschaftlichen Chancen im Interesse unseres Wohlstandes. Die Schweiz verfügt mit ihrer hohen Innovationskraft und führenden Stellung in den Bereichen Technologie und Forschung international über eine gute Ausgangslage. Wir Versicherer sind als Experten für Risiken sowie aufgrund unserer volkswirtschaftlichen Bedeutung in der Frage der Energietransformation besonders vertrauenswürdig und gefordert. Wir sind uns dessen bewusst.