Die Versicherungswirtschaft gehört heute zu den produktivsten Branchen in der Schweiz. Der Sektor hat nicht nur die letzte Finanzkrise sehr gut überstanden, sondern wird sich auch in Zukunft überdurchschnittlich entwickeln. So lautet das Fazit einer heute vorgestellten Studie des unabhängigen Forschungsinstituts BAKBASEL. Eine zentrale Herausforderung für die Branche seien die Entwicklungen im regulatorischen Umfeld.
Zürich, 20. Juni 2013 – In ihrer jüngsten Geschichte hat die Versicherungswirtschaft einen tiefgreifenden Strukturwandel erlebt: Liberalisierung, Technologisierung und Rückbesinnung auf das Kerngeschäft nach der Allfinanzidee haben in den vergangenen zehn Jahren zu einer markanten Effizienz- und Produktivitätssteigerung geführt. Dank diesem Strukturwandel hat die Branche die Finanzkrise 2008 sehr gut überstanden und sich dabei als stabilisierend für den Schweizer Finanzplatz erwiesen. Das sagt die Studie «Standortanalyse für das Schweizer Versicherungsgewerbe», die das unabhängige Forschungsinstitut BAKBASEL im Auftrag des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV durchgeführt hat. «Heute zählt die Versicherungswirtschaft zu den wachstumsstarken Branchen der Schweizer Volkswirtschaft während dieser Strukturwandel bei anderen Finanzdienstleistungsbranchen erst einsetzt», erklärt Rebekka Rufer, Projektleiterin der Studie bei BAKBASEL.
«Die Ergebnisse dieser Studie sind für die Versicherungsbranche sehr aufschlussreich. Es war uns ein Anliegen, Zustand, Entwicklung und Aussichten der Versicherungswirtschaft in der Schweiz zu klären», sagt Urs Berger, Präsident des SVV, zum Interesse der Branche an einer umfassenden Standortanalyse.
Hohe Wertschöpfung in einem der weltweit grössten Versicherungsmärkte
Mit rund 60’000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erwirtschaftet die Schweizer Versicherungsindustrie inklusive Pensionskassen eine Wertschöpfung von knapp CHF 20 Mrd., was rund 4 Prozent der gesamten Wertschöpfung des Landes entspricht. Ausserdem gehört die Schweiz weltweit zu den grössten Versicherungsmärkten: In keinem Land ist die Versicherungsdichte so hoch. Die Privatversicherer zahlen jährlich rund CHF 43 Mrd. an Versicherungsleistungen aus und sie verwalten Vermögen von über CHF 560 Mrd., etwa so viel wie das gesamte Bruttoinlandprodukt der Schweiz. BAKBASEL rechnet für die nächsten Jahre weiterhin mit einem überdurchschnittlichen Wachstum der Wertschöpfung von zwei Prozent – das ist etwas mehr als die gesamte Volkswirtschaft. Bei den Arbeitsplätzen sei laut Rebekka Rufer ein Wachstum von etwas weniger als einem Prozent zu erwarten.
Die Versicherungswirtschaft nimmt zudem eine wichtige Funktion im Rahmen der gesamtwirt-schaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung ein: Die Versicherer versorgen als Anleger Wirtschaft und Staat mit Kapital und unterstützen die Gesellschaft bei der Vermögensbildung, was das Wirtschaftswachstum antreibt. Indem sie die Risiken der Wirtschaftsakteure übernehmen, setzen sie Kapazitäten frei, die sich direkt positiv auf die wirtschaftliche Innovationskraft auswirken. Als Steuerzahler tragen sie schliesslich rund CHF 1,2 Mrd. zum Haushalt von Bund, Kantonen und Gemeinden bei.
Grosse Herausforderungen im regulatorischen Umfeld
Gemäss der Studie von BAKBASEL steht die Versicherungsbranche in den kommenden Jahren vor einigen grossen Herausforderungen. Dazu gehören das Tiefzinsumfeld, ein drohender Fachkräftemangel, die fortschreitende Technologisierung und soziodemographische Tendenzen. Die Schweizer Versicherungswirtschaft ist gut aufgestellt, um diese Herausforderungen positiv zu gestalten – auch dank den guten Standortbedingungen in der Schweiz.
Gegenwärtig zählen allerdings Unsicherheiten im regulatorischen Umfeld zu den zentralen Herausforderungen der Versicherungsbranche. Ihr bereitet die zunehmende Regulierung Anlass zu Sorgen. So kann die tendenziell strengere Ausgestaltung des Schweizer Solvenztest SST zu Nachteilen für die Schweizer Versicherer im internationalen Wettbewerb führen. Im Verbund mit den Anlagerichtlinien besteht zudem die Gefahr, dass die Versicherer zu ähnliche Anlagestrategien verfolgen, was systemische Risiken nach sich ziehen kann. Zu diesen Herausforderungen sagt Lucius Dürr, Direktor des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV: «Die hohe Wertschöpfung und die Funktion der Versicherer bringt der Gesellschaft einen wichtigen Mehrwert. Die vielfältigen und teilweise überzogenen Regulierungsprojekte dürfen die Zugkraft und Stabilität des Versicherungssektors nicht gefährden. Das hätte schwerwiegende Folgen – letztlich auch für die gesamte Volkswirtschaft.»