Die Ver­gäng­lich­keit des Rei­sens

Kontext

Ferien sind ein emotionales Thema und ein vergängliches Produkt: für Reisende, aber auch für Tourismusbetriebe, für die Ausfälle eine Herausforderung darstellen. 

«Jeder elfte Arbeitsplatz weltweit hängt vom Tourismus ab», betont Professor Norbert Hörburger die wirtschaftliche Bedeutung der Branche. Seit 2012 forscht er an der Fachhochschule Graubünden zu Tourismus und Hotellerie. Er kennt die Herausforderungen im Tourismus. Eine wesentliche Eigenschaft von Tourismusangeboten ist deren Vergänglichkeit. «Sie können die Hotelübernachtung von heute auf morgen oder den Platz in einem Flugzeug nur einmal verkaufen», sagt er. Ausfälle sind deswegen gravierend. Eine Versicherung gegen Ausfälle oder Betriebsunterbrüche ist für die Resilienz der Unternehmen entscheidend. 

 

«Jeder elfte Arbeitsplatz weltweit hängt vom Tourismus ab»

 

Absicherung benötigen die Betriebe auch, weil sie sich stetig weiterentwickeln müssen. «Die Investitionstätigkeit in die Tourismusinfrastruktur steigt», sagt Hörburger. Die Erneuerungszyklen werden kürzer. Dienstleistungen entwickeln sich weiter und werden komplexer. Das individuelle Reisen nimmt zu und das Reiseverhalten ändert sich. «Wir reisen heute öfter, dafür kürzer», sagt er, «und kurzfristiger.» Das perfekte Ferienerlebnis wird für diesen Moment erwartet.

Illustration Tourismus Jahresmagazin VIEW 2024

Diese Dynamik fordert nicht nur die Unternehmen der Tourismusbranche. Auch die Versicherer. Aber auch die Ansprüche der Versicherten betreffend Absicherung verändern sich. Das weiss auch Philipp Marty, Leiter neue Geschäftsfelder & Partnerschaften bei Baloise. «Wir sind in dieser Hinsicht sehr nahe bei den Kundinnen und Kunden. Basierend auf der Überlegung, was in den Ferien am störendsten sein könnte, haben wir drei neue Deckungen entwickelt – Versicherungsschutz gegen schlechtes Wetter, Flugverspätung und Reisegepäckverspätung.»

Nach der Entwicklung hat die Baloise die Produkte in einer ersten Phase in der Schweiz direkt angeboten. «Mit der Nachfrage sind wir sehr zufrieden», sagt Marty. Als Nächstes soll nun die Verfügbarkeit für die Kundinnen und Kunden so einfach sein wie das Produkt selbst: Sie sollen sie genau dann abschliessen können, wenn es für sie Sinn macht. Er will diese parametrischen Deckungen deshalb mit dem «Embedded Insurance»­-Ansatz anbieten. «Wir wollen sie mit Partnerschaften in die Kernprozesse von Reiseplattformen, Hotels oder Seilbahngesellschaften integrieren», sagt er. «So können wir der Tourismusbranche effektiv einen Mehrwert liefern und das Produkt kann beispielsweise auch bei tiefer Durchschnittsprämie dank voll automatisierter Prozesse Prämien­ und Ertragspotenzial generieren.» 

Umgekehrter Schadenprozess

Mit neuen Produkten nehmen Versicherer neue Kundenwünsche auf: Parametrische Versicherungen erlauben den Schadenprozess umzukehren. Nicht der Kunde oder die Kundin muss den Schaden melden, sondern der Versicherer meldet sich, wenn ein festgelegter Parameter überschritten ist – und dies voll automatisiert. Ein Beispiel ist die Schlechtwetterversicherung: Wird z. B. ein festgelegtes Limit bezüglich Niederschlagsmenge in den Ferien überschritten, leistet der Versicherer eine Entschädigung.

Potenzial erkennt Norbert Hörburger, wenn sich Tourismusunternehmen und Versicherer abstimmen. So kann dem Gast vermittelt werden, welche Versicherungen er bereits hat und welche er noch braucht. Von einer engeren Zusammenarbeit würden alle profitieren. Schliesslich verfolgt man ein gemeinsames Ziel: das perfekte Ferienerlebnis.