Vom Kul­tur­er­be zum Kli­ma­wan­del: Ein Waadt­län­der Wein­gut na­vi­giert in die Zu­kunft

Portrait

Was mit dem Grossvater seinen Anfang nahm, wird heute von den Enkelinnen weitergeführt: Die Waadtländer Domaine Henri Cruchon gehört zu den angesehensten Weingütern des Landes. Damit dies auch in Zukunft so bleibt, beschäftigt sich Winzerin Yaëlle Cruchon schon heute intensiv mit den Entwicklungen von morgen. 

Wer schon mal eine Weinwanderung hoch über dem Genfersee geniessen durfte, kommt nicht an ihm vorbei: dem Chasselas. Mit seinen fruchtig­frischen Aromen repräsentieren die Weissweine der bekannten Traubensorte das Waadtländer Weinbaugebiet wie keine andere Sorte. Was nicht heisst, dass es in der Region nicht noch viel mehr edle Tropfen zu entdecken gibt. «Wir kultivieren sechzehn Rebsorten auf verschiedenen Parzellen rund um Morges», erklärt Yaëlle Cruchon, Mitinhaberin und Co­Geschäftsführerin des Weinguts Domaine Henri Cruchon. «Jeder unserer Rebberge hat sein eigenes Mikroklima und seine ganz eigene Charakteristik», betont die 35-­Jährige. Sie muss es wissen: Schon als kleines Mädchen war sie dabei, wenn ihre Eltern und Grosseltern in den Reben arbeiteten.

 

Yaëlle ist mit neun Cousinen und zwei Cousins aufgewachsen. «Vielleicht liegts am Chasselas»

 

Obwohl sie die Weinlesen mit ihrer Familie stets genoss, war Cruchon als junge Frau zunächst unentschlossen, ob sie dereinst denselben Weg wie ihre Vorfahren einschlagen möchte. Erst nach einem Agronomiestudium sowie verschiedenen Praktika entschied sie sich, die Familientradition weiterzuführen. Heute ist sie froh, den Schritt gewagt zu haben. «Was mir an meinem komplexen Job besonders gefällt, ist die Arbeit in der Natur.» Die Abhängigkeit von Wind, Wasser und Sonne sowie die Tatsache, dass jeder Entscheid langfristige Folgen haben kann – das reizt mich.» 

Ihre Entscheidungen muss sie derweil nicht alleine treffen. Neben ihr sind auch ihre Schwester Laura, ihre Tante Lisa sowie ihre Cousine Catherine mit Ehefrau Margaret Cruchon im Team. Dass das Weingut heute ganz in Frauenhand ist, kommt nicht von ungefähr. Yaëlle ist mit neun Cousinen und zwei Cousins aufgewachsen. «Vielleicht liegts am Chasselas», sagt sie und lacht. Es ist der Running Gag in der Familie.

Familie Cruchon Jahresmagazin VIEW 2024

Die Familie Cruchon prägt den Weinbau in der Schweiz seit bald 50 Jahren: Hinten v. l. n. r.: Margaret, Lisa, Raoul, Amparo und Michel Cruchon. Vorne v. l. n. r.: Catherine, Laura und Yaëlle Cruchon. 

Als passionierte Winzerin und Agraringenieurin befasst sich Yaëlle Cruchon natürlich auch mit dem Klimawandel. Auf das Thema angesprochen, äussert sie sich – zumindest auf den ersten Blick – überraschend: «Im Moment profitieren wir Winzer von den steigenden Temperaturen.» Denn: Wärmeres Wetter sorgt für bessere Reifegrade, reichere Tannine, grössere Sortenauswahl. Was der Winzerin derzeit deutlich mehr Sorgen bereitet als die wärmeren Sommermonate, sind extreme Wetterereignisse. «Hagel­ und Sturmereignisse führten auch bei uns schon zu Ernteausfällen», erzählt sie. Umso dankbarer ist sie, dass ihr Betrieb gut versichert ist.

30,8 Mio. CHF

So hoch ist die Schadensumme der Schweizer Hagel an versicherten landwirtschaftlichen Kulturen in der Schweiz im Jahr 2023. Davon wurden 54 Prozent durch Hagel, 30 Prozent durch Trockenheit und 8 Prozent durch Sturm verursacht. Mehr Zahlen und Fakten finden Sie unter svv.ch/de/insights

Als Mitglied der Schweizer Hagel ist die Domaine Henri Cruchon insbesondere gegen Hagelereignisse abgesichert. Die Schweizer Hagel bietet national und im angrenzenden Ausland eine umfassende Versicherungsdeckung für landwirtschaftliche Kulturen an. Die Prämien richten sich dabei nach der Hagelempfindlichkeit der versicherten Kulturen und nach der örtlichen Hagelgefahr. Zudem wird die Höhe der Prämie durch den Zehntel (Bonus/Malus­System) beeinflusst. Massgebend für die Höhe des Zehntels ist die Schadenhäufigkeit auf dem entsprechenden Versicherungsvertrag. «Dieses System finde ich sehr fair und praktikabel», sagt Yaëlle Cruchon. In den vergangenen Jahren sei der Versicherungsschutz bereits zwei Mal nötig geworden. Gut möglich, dass dies in Zukunft erneut der Fall sein wird.

Yaëlle Cruchon

Yaëlle Cruchon, Winzerin: «Mit den Entscheidungen, die wir heute treffen, beeinflussen wir unsere Zukunft ganz direkt.»

Dass die Landwirtschaft in der Schweiz vor anspruchsvollen Zeiten steht, betont jedenfalls Adrian Aebi, Direktor der Schweizer Hagel. «Extremereignisse gehören zur neuen Normalität. Bei Hagel scheint sich die Häufigkeit zwar nicht stark zu verändern, jedoch die Intensität.» Um in Zukunft noch besser auf solche Ereignisse vorbereitet zu sein, engagiert sich die Schweizer Hagel in diversen Forschungsprojekten rund um die Adaptation der Landwirtschaft an den Klimawandel. Laut Aebi steigt das Bewusstsein für die bevorstehenden Veränderungen in der Landwirtschaft zunehmend. Das Ziel der Schweizer Hagel: «Wir wollen dazu beitragen, dass die Produktionsfähigkeit der Landwirtschaft in einem sich wandelnden klimatischen Umfeld aufrechterhalten werden kann.»

Dieses Ziel hat auch Yaëlle Cruchon. Sie weiss: «Mit den Entscheidungen, die wir heute treffen, beeinflussen wir unsere Zukunft ganz direkt. Wir geben täglich unser Bestes, damit auch die nächste Generation mit dem bestehenden Boden arbeiten kann.» Für das naheliegende Weinjahr 2024 gibt es laut der Expertin derweil viele Gründe zur Zuversicht. «Im vergangenen Winter hat es gut geregnet, die Grundwasserspiegel sind gefüllt. Das sollte den Reben einen guten Start in die Weinsaison 2024 ermöglichen.» Na dann: Santé! 

Yaëlle Cruchon

Yaëlle Cruchon und ihre Familienmitglieder betreiben das Weingut Henri Cruchon nach den Prinzipien der biodynamischen Landwirtschaft. So verzichten die Winzerinnen zum Beispiel konsequent auf den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel. Die Landwirtschaft wird in der Domaine Cruchon nicht separat, sondern als Teil des gesamten Organismus gesehen. Yaëlle Cruchon ist überzeugt, dass sich diese Philosophie langfristig auszahlt: «Biodynamischer Wein trägt mehr Leben in sich.» Der Erfolg gibt ihr Recht: Die Domaine Henri Cruchon wurde wiederholt als eines der besten Weingüter des Landes gewürdigt. 2021 wurde Yaëlles Grossvater Henri Cruchon von GaultMillau zudem als Ikone des Schweizer Weins ausgezeichnet.